Hier wird mit viel Kreide „Burgund“ geschrieben!
Trinkfreudige Burgunder ohne ein Gramm Fett (ins Weintechnische übersetzt: Restzucker und merkliche Vanilletöne) zu vinifizieren, war von Anbeginn die Linie, der Holger Koch folgte. Unbeirrbar. Und wie sehr sich das ausgezahlt hat, zeigt Jahr für Jahr sein Gutswein. Der Winzer hat auf den Lössparzellen um Bickensohl dafür ein Rezept gefunden, das aus drei Teilen besteht: 40 % der Erntemenge des Weißburgunders reifen für sieben Monate im Holzfass auf der Hefe, der Rest kommt in Edelstahltanks. Die dritte Ingredienz ist der kleine, aber wesentliche Teil von 3% des Leseguts, der wie alle Trauben spontan vergoren wird, nur diese kleine Charge eben auf der Maische. Es ist die Substanz, wenn man so will das „Umami“, der Tiefgang, der bereits diesen Einstieg in Kochs weiße Burgunderwelt adelt.
Kann man Frische noch weiter unterteilen? Der Weißburgunder 2023 zeigt, dass das sehr wohl geht. Denn zunächst prunkt seine Nase mit einer Fülle an Früchten: Gelber Apfel, weißfleischige Birne und ein, zwei beherzte Zestenreisser-Schübe von der Grapefruitschale sind zu bemerken. Dann aber scheint eine Grußkarte aus der Côte-d'Or eingelangt zu sein – pure Kreide meldet die Nase, während der Kenner sich fragt, wo am vulkanisch geprägten Kaiserstuhl der Kalk herkommt, der hier am Werk zu sein scheint. Damit nicht genug, geht die Deklination der frischen Noten von Holger Kochs Einsteiger weiter. Nun sind die Kräuter am Zug! Melisse und Selleriegrün werden aber von einer genuinen Signatur der Rebsorte abgelöst. Die kühle, den Gerbstoff mehr erahnen lassende, denn ihn aufweisende Art einer frisch geschälten Walnuss riecht man dann. Wochen vor der eigentlichen Ernte-Reife der Nuss, wohlgemerkt. Für den 2023 gilt derlei aber nicht: Er ist genau am Punkt! Schon der erste Schluck bringt wieder alle Facetten zum Vorschein. Die Frucht ist ausgeprägt und oszilliert zwischen Gelber Kiwi und Guyot-Birne, während die fast blumige Art kurz auch Assoziationen mit ferneren Ländern zulässt. Doch zum Träumen ist dieser Wein nicht gemacht. Sondern, um Freude zu verbreiten und Trinkspaß zu bieten. Das scheint die Botschaft zu sein, die der final zitrusfruchtig auftrumpfende Weißburgunder in die Welt bringen will. Engmaschig und animierend wirkt dieser Grapefruit-Ton. Und er schickt erneut eine Frage ans Gehirn: Wie kommt diese erneut an Kalk gemahnende Säure zu Stande? Die beste Antwort darauf ist eine Handlung: Weitertrinken von diesem in jeder Hinsicht „coolen“ Kaiserstuhl-Weißwein!
Ab sofort bis 2035.
Ob man ihn als preiswerten Burgunder Holger Kochs liebt oder auf den Geschmack seiner Filetstücke gebracht wird – der 2023er schafft beides mit Bravour.