Holger Koch
Weißburgunder „Steinfelsen“ (Edition Pinard de Picard) 2023

Enorm filigran, wunderbar zitrisch und wie immer brillant!

„Vibrierende Mineralität, Druck und Länge“ – so lautet das Versprechen von Winzer Holger Koch zu seinem Weißburgunder. Die Einzelparzelle „Amerika“, ein sogenanntes Gewann auf ca. 320 Metern Höhe am Kaiserstuhl, kommt dem mit ihrer kühlen und luftigen Lage entgegen. Auch der Gesteinsanteil unter der Lößauflage fördert die mineralische Frische. Lebendigkeit im Keller erhalten, bedeutet am Kaiserstuhl eine lange Lagerung auf der Vollhefe samt leichter Oxidation im neutralen 500 Liter-Fass. Damit endet der ausgeklügelte Weg Holger Kochs zum trinkfreudigen Weißburgunder noch nicht: Eine weitere Injektion an Raffinesse, die in diesem Falle nach Kräutern schmeckt, gibt der Anteil an nicht-entrappten Trauben dem „Steinfelsen“ mit. Knapp unter 20 % der Ernte kommen als ganze Trauben zur Vergärung. Das satte Gold, das aus dieser intrikaten Ausbau-Weise folgt, täuscht eine hohe Extrakt-Reife nur vor. Doch der Blick auf das Etikett und seine 12 Vol.-% macht klar, dass Kochs Weißburgunder dieses Jahr noch schlanker und Finessen-reicher ausfällt.

Die Nase bestätigt diese Konjektur sogleich: Ein feiner Rauchton, den man nicht jedes Jahr bei Holger Kochs Weißburgunder erlebt, deutet eine zart reduktive Ausbauart an. Wie das erste Feuer, das vom Papier auf das Unterzündholz, die Spane, übergreift, duftet dieses feine Kokeln. Es ist ein Duftbild, das erst allmählich die kühle Tropenfrucht freigibt: Noch harte Mango, ein wenig Lychee und das „agro-dolce“-Gerüchlein einer Zwiebelmarmelade erzählen viel von der ungewöhnlichen Art dieses Weins. Die Säure des 2023ers ist das erste Kennzeichen, aber nicht, weil sie sich vordrängt oder gar „beißt“. Sondern weil sie den grip bildet, den ansonsten der jugendliche Gerbstoff und das sortentypische „Nusserl“ liefern. Doch dieser Jahrgang hat eine geradezu packende Art, bei der man analytisch nur schwer mithält. Welche Zitrusfrucht war das nun gleich? Das Albedo einer Zitrone wird vom Schmelz eines langsam gepressten Orangensafts abgelöst, ein Hauch von herb-rauchiger Bergamotte, an der noch ein paar Krümel „Earl Grey“ haften, lässt sich aber genauso schmecken. Und es sind nicht allein die Agrumen, die hier für Leichtfüßigkeit sorgen. Ein wenig Passionsfrucht und Birnenquitte setzen den zartherben und doch so knackigen Grundcharakter fort. Das ist Mineralik, wie man sie anderswo vom Riesling kennt. Oder, als Koch-Fan, vom „Steinfelsen“.

Ab sofort bis 2035.