Holger Koch
Pinot Noir „SF-N“* (schwefelfrei) 2022

SulFit-Zusatz? No, nein, nada, niente. Nicht mit mir!

Für den Fall, dass einige unserer Kunden beim Blick aufs Etikett inwendig leise mit den Augen rollen oder vor soviel Typographie gar nicht wissen, wohin hier die Reise geht: Fürchten Sie sich nicht, alles wird (und ist!) gut! Das „SF“ zeigt an, dass der Wein schwefelfrei ist (lässt sich auch ganz international als „sulphur free“ lesen), was, um ganz korrekt zu sein, bedeutet, dass im Zuge der Vinifikation kein Schwefel zugesetzt wurde. Das „N“ signalisiert einen gewissen „Natural-“Charakter (wie in vin naturel), hat allerdings so gar nichts mit den einschlägig bekannten Hipster-Kreszenzen zu tun. Schon allein weil Holger, der seit Jahr und Tag schon gewisse Techniken verwendet, die in „alternativen“ Kreisen als alleinseligmachendes Prinzip gehandelt werden, unglaublich skrupulös und durchaus ein Skeptiker in Sachen „Naturwein“ ist: Sauberkeit und Präzision seiner Weine sind ein Anspruch, den er immer und ausnahmslos einlöst! Und dann wäre da noch der Punkt zwischen „SF“ und „N“ – aufmerksame Weinfans kennen diesen Trennpunkt zum Beispiel von der spanischen Rebsorte Xarelo, wenn sie in katalanischer Schreibung – Xarel·lo – auftritt: Dieser sogenannte „punto volado“ zeigt an, dass die beiden Ls zu zwei unterschiedlichen Silben gehören (ein Doppel-L wird im Spanischen ansonsten wie ein LJ gesprochen) – aber das nur nebenbei. Denn ab 2023 heißt das gute Stück Pinot Noir „gT“ *, wobei dieses Kürzel nicht für (super naheliegend) „geniales Teil“ oder „großartiger Traumstoff“ steht, sondern für „ganze Traube“. Denn auch dieser Wein enthält einen Anteil von 30 % ganzen Trauben, die mitvergoren werden. Die Trauben stammen aus der Parzelle „Mistgraben“ im Herrenstück, denen Holger Koch eine klassische Maischegärung von 18 Tagen mit traubeneigenen Hefen angedeihen lässt. Um’s vorwegzunehmen: Das sitzt! Und zwar sowas von! Vor allem der Punkt, der Natural-Zweifler immer etwas nervös werden lässt: Dieser Pinot ist von einer geradezu bestechenden Klarheit, rebsortentypisch, herrlich aromatisch, im besten Sinne „unverhangen“! Im Vergleich zum klassischen Pinot-Noir-„Einsterner“ wirkt der Wein offener, die Frucht, bei aller Vitalität ein wenig ätherischer, vielleicht auch vorwitzig-charmanter.

Das Bouquet wirkt etwas tiefgründiger als das des Spätburgunder-Landweins (nota bene: ab 2023 ist das der Spätburgunder „gT“), die Frucht dunkelröter (angequetschte Himbeere, Kirsche, reife Johannisbeeren), dazwischen ein paar Blättchen Estragon, die das zweite „Generalthema“, einen anregend vegetabilen Zug, einläuten. Darüber ein Hauch Feuerstein nebst (ganz zart!) Rauch und Asche, alles sehr fein, fast duftig. Am Gaumen eine gewisse jugendliche Ungezügeltheit, fast Ungeduld, was sich zunächst in einer raueren Textur (irgendwie sehr sexy!) manifestiert. Der ohnehin sehr einnehmende Pinot Noir wird sehr schnell immer charmanter – Hagebutte, Himbeere, Sauerkirsche, herber Granatapfel (herrlich animierend) und Trinkfluss vom Allerfeinsten: what’s not to like? Dazu ein zartestes Bitter, eine feine Säure, verblüffend viel Substanz, die sich völlig schwerelos gibt, dabei wirkt der „SF·N“ im Vergleich zu seinem unbesternten Pendant raumgreifender und persistenter … Kinder, was ist das schön! Eine dringende, unbedingte Empfehlung für alle Liebhaber feiner, zarter, präziser und beglückender Pinots. Für die Freunde großer Weine. Für die Verehrer großartigen Winzerhandwerks. Und für alle anderen eigentlich auch!

Ab sofort bis sicherlich 2028+.