Molitor
Zeltinger Sonnenuhr, Riesling Auslese** trocken 2021

Ein Riesling für Gefühl und Verstand!

95 Punkte – Vinous
93–96 Punkte – Mosel Fine Wines

Als Markus Molitor 1984 mit gerade mal 20 Jahren das Familienweingut in achter Generation übernahm, hatte er schon einen klaren Blick, was da in den Wingerten entstehen sollte. Er wollte eine Rückbesinnung auf die Weinstilistik, die vor rund 100 Jahren den Weltruhm des Rieslings ausmachte, auf die goldene Ära des Rieslings, wenn man so will. Wie man in historischen Weinkarten der damaligen Spitzenrestaurants eindeutig belegen kann: Damals waren die Rieslinge, und dabei besonders die von der Mosel, die gefragtesten Weine überhaupt, noch vor Bordeaux und Burgund. Um da wieder hinzukommen, will er Weine abfüllen, die in ganz besonderem Maße unverwechselbarer Ausdruck ihrer Lage sind und zudem lange reifen können. Damit das gelingt, setzt er auf akribische und kompromisslose Handarbeit im Weinberg und im Keller und arbeitet mit maximalem Respekt mit dem Naturprodukt Traube, so schonend und präzise minimalistisch wie nur möglich. Dabei geht er mit großem Wissen um die Tradition vor, und zu der gehört es seit Jahrhundertern, dass die Weine im großen Holzfass vergoren werden, und das spontan, ohne die Zuhilfenahme von Schönungsmitteln, Reinzuchthefen oder enzymatischem Eingriff. Auch der Faktor Zeit spielt eine zentrale Rolle, sowohl bei der Lese als auch bei der Arbeit im Keller. Im Weinberg setzt er auf die konzentrierte Begutachtung jeder einzelnen Traube und lässt von erfahrenen Teams in mehreren Durchgängen lesen, um eine sorgfältige Trennung aller Reifestufen zu gewährleisten – das Geheimnis der unterschiedlichen Stile, die er aus einer einzigen Lage auf die Flasche zieht. Im Keller bekommt jeder Wein genau das nötige Quantum Zeit, das er für seine perfekte Reife braucht. Wie gesagt: kompromisslos!

Bei der Zeltinger Riesling Auslese** – einem schlichtweg grandiosen Wein! – gelingt alles, was sich Markus vorgenommen hat. Die Nase ist erfüllt von präziser Fruchtaromatik, sehr einladend und frisch duften da Aprikosen, Maracuja und Mango mit zitrischen Noten und Kräuternoten um die Wette. Die Kombination von Schiefer und Holz lässt eine leichte Feuersteinnote mit einem Hauch Rauch aufsteigen, eine aromatische Kombination, die sich beim sehr langsamen Erwachen des Weins an der Luft immer mehr verdichtet. Am Gaumen ist der mineralische Schieferzug straff und frisch, aber nicht vordergründig, die opulente Fruchtwelt nie überbordend, sondern exakt organisiert. Auch hier passiert nach dem Öffnen sehr langsam sehr viel: Die Aromen lassen sich Zeit beim Erwachen, und nach und nach tauchen grüne Stachelbeeren, Kokuwa (Mini-Kiwis) und verschiedenste Agrumennoten auf. Aber auch beim stetigen Anschwellen der aromatischen Eindrücke bleibt der Wein in seiner komplexen Balance, alles sehr prägnant, und die Eleganz wird immer „erhabener“. Jetzt schon groß, keine Frage – aber mit der sicheren Chance in ein paar Jahren noch viel größer zu sein: Weltruhmpotenzial!

Wie so oft bei Molitor: Das kann man jetzt schon sehr gut trinken – aber die Kraft liegt in der Zeit, und Warten wird belohnt! Je länger das Warten, desto größer die Freude. Also 5 Jahre in der Kellerecke parken und dann jahrzehntelang (bis 2045+.) Spaß damit haben.