Schiefer-Rauch und ausgeprägte Sortenfrucht im Duett
Die wichtigsten Parameter zu diesem Molitor-Riesling hielt die Parker-Beschreibung 2020 fest: „Viel Grip und Spannung“. Beide stehen in unmittelbarer Verbindung zu den, von blaugrauem Devon-Schiefer geprägten, Steillagen des Weinguts. Von verschiedenen Parzellen stammt das Lesegut, mit dem der gerade 60 gewordene Markus Molitor diesen Gutswein komponiert. Gelesen wurden die Trauben für den „Schiefersteil“ im Oktober, eine kurze Mazeration auf den aroma- und mineralstoffreichen Beerenschalen folgte. Wichtig für den Ausdruck des 2022ers ist dem Winzer die langsame und kühle Vergärung des Mosts, „so dass sich das vielschichtige, fruchtige Aroma des Weins voll ausprägen konnte“. Auch der Ausbau im Edelstahltank (und nur einer kleinen Charge im großen Holzfass) dient diesem Erhalt der Fruchtigkeit. Sie lässt den mit einer weißen Kapsel – Signal für die trockensten Weine des Hauses – auch süßer wirken, als er ist.
Daher wird sich der etwas ältere Kenner auch nicht versagen können, das „schöne Möselchen“ des 2022ers zu loben. In der Tat ist die Mischung aus Fruchtsüße, Mineralität und Säure nahezu mustergültig ausgebildet in diesem „Schiefersteil“. Der Name darf als Omen gelten. Denn die Schieferprägung zeigt in der Nase einen schönen dunklen Grundton an. Darüber findet sich ein feiner Honig-Touch, aus dem sich allmählich die Primärfrucht des Rieslings schält. Wunderbare Aprikosen-Töne sind zu riechen. Als Frucht wären sie zu klein und noch unter der Vollreife, doch im 2022er-Riesling ist das ein Signal für die Würze, die der Boden dem „Schiefersteil“ mitgegeben hat. Sie bleibt auch am Gaumen eine Konstante. Als hätte man die Aprikosen mit Gewürzen gespickt, wie man es im Advent gerne mit Äpfeln tut. Ein wenig Nelke ist da zu schmecken, wenn der Wein in sein zweites Geschmacksdrittel eintritt. Der Abschluss lässt aber wieder keinen Zweifel, dass die ausgeprägte Frucht am Ende aber ohne Restzucker auskommen will. Richtig kühl, hier eher einem Weißburgunder verwandt, klingt der „Schiefersteil“ aus. Und damit wäre er auch ein Begleiter zu Geflügelsalat, mehr noch zum georgischen Gericht Satsivi. Da geht man auch ohne Schiefer-Fliesen auf der eigenen Terrasse steil!
Ideal ab Mitte 2025 bis mind. 2044
„Schiefersteil“ ist ein Prototyp der anspruchsvollen Molitor-Stilistik, zugewandt im Charakter, mit Eleganz und schieferwürziger Mineralik.