Jakob Schneider
Norheimer Dellchen Riesling trocken 2023

Wer Dellchen einmal im Glas hatte, wird diese Lage auf alle Ewigkeiten ins Herz schließen!

Ein Genie seiner Zeit zu sein, bedeutet oft eben auch lange verkannt zu bleiben. Der nahezu vergessene Schriftsteller Hans Henny Jahn verglich die großen Werke einst mit einem Wal, der auf zu flachem Wasser strandete. „Mit Entsetzen schaue ich auf das hilflose Tier, und da es sich nicht rührt, fürchte ich sogar, es ist bereits tot, und wir werden demnächst den Geruch merken.“ Mit dem Dellchen verhält es sich ganz und gar nicht so und doch hilft der Vergleich vielleicht dem Charakter und der intrinsischen Attraktivität dieser wahrlich Großen Lage, dieses Grand Crus der Nahe näherzukommen. Denn wo manch Wein von Experten und versierten Weinfreunden hochfliegend angesiedelt wird und dessen Größe für viele nur abstrahiert erkennbar ist, empfängt einen ein Riesling aus dem Dellchen mit offenen Armen, in die man sich gerne und ohne Zögern begibt. Dellchen, diese warme und fruchtintensive Steillage muss man einfach im Glas gehabt haben, dann sind keine weiteren Erklärungen nötig. Jedes Glas liefert einen garantierten Erfolg und treuen Weggefährten dieser einzigartigen Lage von starker Persönlichkeit. Da Sie, werte Kunden, den Wein aktuell nicht im Glas haben, erlaubten wir uns der Nutzung der Metapher als Vehikel um den einmalig soghaften Charakter der Norheimer Lage zu veranschaulichen, die wohl zu den populärsten der Nahe zählt und äußerst viele Freunde hat.

Blicken wir genauer hin: entlang dieses Flusses schlängeln sich linksseitig von Niederhausen bis Norheim eindrucksvolle Lagen. Entlang dieser route des grands crus präsentiert sich das Gros des Who’s who der Nahe. Die Hermannshöhle führt hier weiter zum Rosenheck, der Felsensteyer ebnet die letzte Biegung vor dem Norheimer Dellchen, eine Lage, die rund 6 Hektar umfasst. Vulkanisches Gestein und grauer Schiefer bilden hier eine Symbiose für einen Wein, der zum Oberhaus deutscher Rieslingkunst gezählt werden darf. Das Dellchen –ganz anders als die aristokratische Hermannshöhle – verströmt puren Charme, auch weil die Trauben hier seit jeher bestens ausreifen, die Terrassen und ihre Mauern für eine ideale Exposition sorgen. Hier besitzt Jakob Schneider einige Parzellen, aus deren Trauben er eines der Highlights seiner Kollektion einfuhr. Wir waren selbst überrascht, dass wir Ihnen, werte Kunden, den Riesling aus dem Dellchen so lange verwehrt haben und erst seit wenigen Jahren offerieren. Vielleicht, weil man diese Lage so sehr mit dem Weingut Dönnhoff assoziiert und Jakob Schneiders Schwerpunkt auf der Hermannshöhle liegt, die er mit dem Magnus krönt?

Wir haben es hier im Jahrgang 2023 mit einem Riesling zu tun, dessen Vollkommenheit und Warmherzigkeit uns begeistert und gewiss an die ebenso charismatischen trockenen Rieslinge der Mittelhaardt erinnert. Das Dellchen zeigt sich so lagentypisch, geradezu exemplarisch, bietet im Bouquet Aprikosen und Pfirsichhaut, auch einen Anflug von Sternfrucht und Zitronengras. Am Gaumen seidiger, runder und geschmeidiger als die Hermannshöhle, aber eben auch komplexer, dichter, tiefgreifender. Es handelt sich hierbei nicht um einen aufs Puristischste zugespitzten Riesling, sondern um einen, der ob seiner Perfektion und Ausgewogenheit zu überzeugen weiß. Man trinkt ein Glas und spürt, dass man es hier mit einem komplexen und enorm hochwertigen Wein zu tun hat. Dabei ist auch besonders der Nachhall des Dellchens zu erwähnen, der immer feiner werdend, sich enorm langgezogen über Minuten erstreckt und einen famosen, bleibenden Eindruck hinterlässt. So kennen wir das Dellchen auch aus dem Hause Dönnhoff. Oder erkennen wir hier Dönnhoff im Glas, weil sich das Dellchen über die Weingüter hinweg als Unikat abzeichnet? Ein Gedankenspiel, das wir gerne mit einem weiteren Glas aufzulösen suchen. Aristoteles sagt, dass in der Natur nichts Vollkommenes erreicht werden kann, allenfalls in der Kunst. Folglich muss Jakob Schneiders diesjähriger Riesling aus dem Dellchen ein Kunstwerk sein!