„Ungeheuer viel Kalk“: einer der großen Rieslingen von 2022!
Nach Deidesheim richtet sich der Scheinwerfer nun auf Forst, nur wenige Kilometer entfernt und doch eine andere Weinwelt mit grandiosen Lagen wie Ungeheuer. Zu Berühmtheit gelangte der Weinberg wegen – Sie ahnen es schon – eines Bonmots des deutschen Reichskanzlers Fürst Otto von Bismarck, der bei einer Flasche dieses Rieslings schwer ins Schwärmen gerät: „Dieses Ungeheuer schmeckt mir ungeheuer.“ Zugegeben, eine olle Kamelle, aber auf ihr begründete sich auch der gewaltige Ruf des Weinbergs, der sich oberhalb der Gemeinde Forst in der Hangmitte zum Haardt-Rand hin erstreckt. Im Ungeheuer wächst ausschließlich Riesling und das auf einer zertifizierten Fläche von immerhin 35 Hektar, die sich auf die bekanntesten Güter der Mittelhaardt verteilen. Die vielfältige Bodenstruktur wird dominiert von verwittertem Buntsandstein und einem hohen Kalkanteil, auch Ton und vulkanisches Basaltgestein tragen zur Komplexität der Weine bei. Aber seinen unverkennbaren Charakter zieht er aus „ungeheuer viel Kalk“, wie es Stephan Attmann treffend auf den Punkt bringt. Der Wein wurde mit natürlichen Hefen spontan vergoren, danach in Eichenfässern verschiedener Größen ausgebaut. Erst kurz vor der Füllung wurde er nach anderthalb Jahren von der Hefe gezogen. Der intensive Duft verdeutlicht gleich, wohin die Reise geht: Feuerstein, Honig, etwas helle Schuhcreme, frische Kräuter, Salbei, Thymian, gelbe, saftige Frucht wie Mango, Aprikose, Orangenzesten, ein aparter Dreiklang von Salbei-Honig-Hanf, Salz-Popcorn, untermalt von kühlem Rauch, gemahlener Stein. Auch am Gaumen selbstbewusst, das Ungeheuer will auf die Bühne und sich zeigen, leise Argumente überlässt es gerne anderen. Kräftig und stoffig gebaut, breit angelegt in der Struktur, souveräne, unbeirrte Säure, auch insgesamt eine erhabene, getragene Art, tiefgründig, dichter Extrakt, den man kauen könnte, kompakt komprimiert. Das Ungeheuer ist ein Sparringspartner für den Gaumen, auf den man sich einlassen sollte, er hat viel zu bieten. Bringt viel Spannung und mineralische Energie aus der Lage mit. Aber auch reife gelbe Frucht mit delikater Honigsüße, Passionsfrucht und Papaya, am hinteren Gaumen auch leicht zitrisch und herb, Grapefruit. Imposante Länge, im Nachhall deutlich maritim. Während der Kalkofen aus Deidesheim etwas zurückgenommener und karger wirkt, verknüpft das Ungeheuer kalkige Mineralik mit satter Frucht und reichlich Strahlkraft. Das ist keine hintergründige, subtile Botschaft, das Ungeheuer ist direkt heraus: Es steht und spricht im Jahr 2022 für sich allein. Und beim nächsten Mal verzichten wir auf den Fürsten Bismarck, versprochen!
Jetzt schon ein Genuss, Höhepunkt ab 2027 mit Entwicklung bis 2040+.
Von Winning ist es im warmen Jahrgang 2022 gelungen, Riesling-GGs wie das Ungeheuer mit Substanz, Fruchtfülle, Mineralik und großer Ausstrahlung zu keltern.