Pinot Noir auf höchstem Niveau mit Pfälzer Herz von französischem Boden
3. Platz – Meiniger Rotweinpreis 2024 (Kategorie „Lagen-Spätburgunder“)
Grenzgänger durch und durch – das trifft auf Familie Jülg auf gleich mehreren Ebenen zu. Da wäre mal der rein geographische Aspekt, dass sich die Weinberge zu gleichen Teilen auf Deutschland und Frankreich verteilen. Grenzverkehr herrscht auch bei der Lese, denn rund die Hälfte der erfahrenen Erntehelfer kommt aus dem Elsass. Zum dritten hat die generelle Herangehensweise an den Weinbau seit dem Start des Guts 1961 etwas Grenzgängerisches. Schon Gründer Oscar Jülg folgte nicht dem common sense der Region und entschied sich gegen gängige Lehrmeinungen eigene Wege zu gehen, um die Weine zu schaffen, die er selbst gerne trinken wollte. Keine Grenzen im Kopf zulassen, das ist eine Geisteshaltung die auch in seinem Sohn Werner und dem Enkel Johannes, der seit 2010 das Weingut leitet, als bestimmende Triebfeder weiterlebt. In der Lage Sonnenberg zelebriert Johannes einen akribischen Parzellenausbau und produziert drei herausragende Lagen-Spätburgunder. Der „WB“ stammt aus der Ersten Lage „Womberg“. Die Parzellen „KB“ (für „Kammerberg“) und „KT“ (für „Koster“) sind als Großes Gewächs klassifiziert und waren bis 1971 noch Einzellagen, bis sie dann dem Sonnenberg zugeordnet wurden. Alle drei Gemarkungen liegen vollständig auf der französischen Seite des Sonnenbergs. Die feinen Unterschiede in der Bodenbeschaffenheit, dem Mikroklima und der topographischen Ausrichtung arbeitet Johannes Jülg mit einem unfassbaren Fingerspitzengefühl sensationell gut heraus. Das Ergebnis sind drei absolut herausragende und sehr unterschiedliche Pinot Noirs von internationalem Spitzen-Niveau, von französischem Boden und mit Pfälzer Seele.
Die Trauben für den „KT“ wachsen an einem gen Süden gerichteten Hang unter dem kühlenden Schutz des nahe gelegenen Pfälzerwaldes auf purem Kalksteinfels mit Lehmauflage, welche die stabile Wasserversorgung garantiert. Ideale Bedingungen dafür, dass der Pinot Noir die Tiefe, Kraft, Frucht und Spannung entwickelt, die ihn für viele zum faszinierendsten aller Rotweine macht. Sorgfältig von Hand erfolgt die Lese. Vergoren wird spontan im Holzfass und danach erfolgt der Ausbau, wie beim Schwesterwein „KB“, für 18 Monate in Barrique-Fässern, bevor dann unfiltriert abgefüllt wird. Im Glas schon eine vielversprechende Augenweide in elegantem Granatrot. Das Bouquet hat schon vor dem ersten Schwenken eine fast synästhetische Wirkung. Schließt man die Augen triggert der Duft Bilder von einem Lebkuchenhaus im tiefen Wald, umrankt von Brombeersträuchern und wilder Weichsel. Die Luft ist erfüllt von Waldaromen angereichert mit Vanille, Veilchen, Nelken, Gewürzen und frischem Hefezopf, der wohl noch im Ofen der Gebäckhütte sanft bräunt. Am Gaumen weckt uns eine frische und zupackende Säure aus den duftinduzierten Traumbildern. Wir erwachen erfrischt und erholt mit den knackigen Aromen von Cassis, Kirsche, Heidelbeere und rotem Holunder. Die Mineralität ist fein strukturiert und ganz anders als im „KB“, viel dunkler, an Bleistift erinnernd mit etwas Kieselstein und salzigem Abschluss. Über Stunden hinweg erwachen immer mehr Geschmacksnuancen zu einem schier endlosen Aromenspektrum, dass aber nie seine Schlankheit und Eleganz verliert. Die Tannine erfüllen im langen Nachhall griffig und prägnant den Gaumen und werden dabei über die Zeit immer seidiger und weicher. Über diesen samtigen Teppich schreiten die hauchzarten Holz-, Pfeffer und Vanillearomen gemächlich in den Sonnenuntergang. Im „KT“ zeigt Johannes Jülg, dass er seine Passion für Pinot Noir einfach perfekt in die Flasche bekommt. Er beschert uns einen Spätburgunder, der jetzt schon in der ersten Liga spielt und der in ein paar Jahren erst seine ganze Brillanz zeigen wird. Das ist großes Aromakino für die Sinne!
Ideal wohl ab 2027–2028, dann bis 2045+.