Pfälzer Savagnin? Ja, das geht. Sehr gut sogar!
„Sou voile“: Wer schon einmal das Glück hatte, Savagnin aus dem Jura zu probieren, wird sich – auch abseits des Vin Jaune (sieben Jahre und mehr unter der Florhefe) – immer wieder an dieses Erlebnis erinnern können. Selbst die einfachen Savagnins (bis zu fünf Jahre unter der Hefe) und die „Tradition“ genannten Cuvées mit Chardonnay bleiben einfach im Gedächtnis. Wie und wieso machen aber Seckingers so einen Wein in der Pfalz? Das „Wieso“ zu beantworten fällt vergleichsweise leicht. Der Traminer (der in Deutschland und Österreich übliche Name dieser Rebe) war bis zum Siegeszug des verwandten Gewürztraminers eine ausgesprochen beliebte Pfälzer Rebe, und die Seckingers werden vermutlich häufiger von Altvorderen Erzählungen über dessen Eigenschaften zu hören bekommen haben. Also wieso? Schlicht Neugier! Das „Wie“ ist da schon etwas schwieriger zu beantworten. Eine einfache Kopie der Weine aus dem Jura kann für so eigensinnige Winzer wie die Seckinger-Brüder einfach nicht in Frage kommen, selbst wenn sie bei Treffen mit den vielen Biodynamie betreibenden Kollegen von dort auf den Geschmack gekommen sein sollten. So werden sie also viel lieber ihr eigenes Terroir sprechen und den Savagnin deutlich weniger oxidativ toben lassen wollen, ihm wesentlich mehr frische Frucht mit auf den Weg geben.
Wer sich mit den Vinifikations- (und anderen) Methoden bei Seckinger befasst, wird eine lange Liste von Dingen zusammenstellen können, die nicht genutzt, nicht gemacht und vermieden werden – und eine recht kurze von allem, was erwünscht ist und gefördert wird. Der Verbund von nicht kultivierter Natur und behutsam zur Produktion überredeter ist so geschlossen und eng, dass schon der Begriff Methode zu aktiv und nach Eingriff klingt. Wenn dann auch noch „Pure“ auf dem Etikett steht, wird es vollends magisch. Handarbeit im Weinberg, strenge Selektion bei der Lese, spontane Gärung, Ausbau in großen Holzfässern (mit schön viel Platz oben, für eine kräftige Florhefe) und Abfüllung ohne jedwede Zusätze und Filtration – mehr nicht!
Die Seckingers hatten nicht wie zu erwarten neue Savagnin-Reben gepflanzt, denn dafür hätten sie ja alte herausreißen müssen und damit ihren Vorstellungen von Respekt vor allem Leben widersprochen. Sie veredelten kurzerhand bestehende Gewürztraminer-Rebstöcke im Deidesheimer Paradiesgarten mit Material aus dem Jura um. Ein weiterer Vorzug dieses Verfahrens: die Winzer und wir mussten erheblich kürzer auf trinkbare Ergebnisse warten. So dürfen wir einen sattgelben Savagnin erleben, wie er uns mit würziger Frucht (Walnuss, Mandel, Haselnuss, Kastanie, Birne, Apfel, Aprikose, Quitte, Zitronenschale, Limette – dazu dann auch Karamell, buttriges Popcorn, Heu, Fenchel, Oliven) einfach begeistert. Dieses selbst bei Eiseskälte schon üppige Bouquet wird noch riesiger, wenn dieser „Pure“ seine optimale Temperatur gewonnen hat (im Jura wird er bei Rotwein-Temperatur getrunken) und vielleicht sogar dekantiert wurde. Vor Wärme sollte man hier keine Angst haben, da Säure und Tannin den Eindruck auch im Mund nie lau werden lassen. Die Frucht kommt so aber wesentlich besser aus der Würze hervor und lässt die Pfalz so in ganzer Pracht deutlich werden. Herrlich!
Ab sofort bis mindestens 2030+.
Seckingers Savagnin „Pure“ von 2022 ist ein typischer Savagnin und ein typischer Pfälzer. Aromen und Mundgefühl lassen da keine Fragen offen!