DE-ÖKO-039
Silvaner, zu Füßen der Germania
Liest man Silvaner, dann denkt man fast reflexartig an Franken. Tatsächlich ist die Rebsorte eine der ältesten Europas und wurde 1659 (am 10. April in Castell) erstmals nachweislich in Deutschland angepflanzt, hat ihren Ursprung aber wahrscheinlich in Österreich. Genetisch ist der Silvaner eine Kreuzung aus Traminer und der alten autochthonen Rebsorte „Österreichisch Weiß“, die in der Gegend um Wien beheimatet war. Vor ein paar Jahrzehnten war der Silvaner eine nicht mehr wegzudenkende Traube im Rheingau – heute führt sie als Exotin ein Nischendasein. Für das Weinhaus Corvers-Kauter, mit seiner langen, langen Weinbautradition in der Region, ist das wahrscheinlich eher Motivation als Hindernis, sich auch um diese Rebe liebevoll zu kümmern und einen charakterstarken Rheingau-Silvaner zu produzieren, der perfekt sein Terroir widerspiegelt.
Und wer hätte gedacht, dass dieser Wein derart prominenter Provenienz entspringt ? Zu Füßen des wohl bekanntesten Rheingau-Denkmals, der 1883 fertiggestellten Germania, die an die Gründung des Deutschen Kaiserreiches 1871 erinnern sollte und unzählige Touristen und Pilger begrüßt, wachsen keine Rieslingreben, sondern der Silvaner von Corvers-Kauter! Die Trauben stammen tatsächlich von rund 30 Jahre alten Rebstöcken, direkt unterhalb des Niederwalddenkmals, dem sogenannten Rüdesheimer Drachenstein mit löss- und lehmhaltigen Sandstein- und Quarzitböden, womit wahrscheinlich, wenn auch unbewusst, bereits mehr Touristen die Silvanerreben unserer Rheingauer Familie betrachteten als die Kult- Grand-Crus Romanée-Conti oder Musigny im Burgund.
Der Ausbau erfolgt komplett im Edelstahl. Im Glas präsentiert sich der Silvaner aus dem Rheingau in einem leicht matten Hellgelb. In der Nase dann zeigt der Silvaner gleich, woher sein Spitzname kommt. Insidern ist er bekannt und bekommen hat er ihn von Brigitte Corvers-Kauter, die sich im Weinhaus um die Gutsküche kümmert. Der Spitzname ist ein deskriptiver Volltreffer und lautet „Kräuterhex’“. Die Kräuter sind in der Nase gleich präsent und sie wachsen wild auf einer Sommerblumenwiese mit Gänseblümchen in der direkten Nachbarschaft. Dazu gesellen sich dann noch knackige Obstaromen von Birne und Pfirsich.
Die Kräutertöne werden am Gaumen noch klarer bestimmbar und vielfältiger. Da finden sich Anmutungen von Salbei, Muskatblüte, Zitronenpfeffer, Kerbel, Kresse und Heu. Auch die Frucht bleibt präsent und entwickelt zu den reifen gelben Noten noch eine wunderbar zitrische Säure, die ihn saftig und trinkig macht. Auch wenn es fast etwas nach Klischée klingt beim Silvaner: Die Kräuterhex’ ist ein perfekter Spargelwein, begleitet aber auch Gerichte wie Tafelspitz oder Meeresfrüchte im mediterranen Stil hervorragend. Im langen Finish legt der Rheingau-Silvaner dann noch geschmeidig einen charmanten Schmelz auf, der alle Kräuter und Obsttöne fein zusammenführt und mit einem Hauch Pfeffer noch endlos nachklingt.
Muss nicht länger liegen – entwickelt sich aber sicher in den nächsten 5 Jahren noch gesund weiter. Ab sofort bis 2028+.
Corvers-Kauters Silvaner offenbart – bei aller „Kräuterhex“-Attitüde –eine wunderbar gelungene Kombination aus charmantem Schmelz und Frucht.