Le Puy
„Rose-Marie“ Vin de France, rosé 2022

Prestige-Rosé aus dem Bordelais und bemerkenswertes Ergebnis einer bewussten Grenzüberschreitung

Um „Rose-Marie“ zu verstehen, hilft es vieles vom dem zu vergessen, was man von herkömmlichen Rosé-Weinen gehört hat und weiß. Denn dieser Rosé ist das Resultat einer bewussten Grenzüberschreitung, das Wein gewordene Ergebnis eines kalkulierten Tabubruchs, den die Winzer-Familie Amoreau gerne in Kauf nimmt. Die betreibt seit 1610 Weinbau betreibt und hatte lange genug Zeit, dessen Möglichkeiten auszuloten und zu testen. Château le Puy, das von Pascal und Jean-Pierre Amoreau geleitet wird, liegt auf dem Kalkstein-Plateau von Saint-Emilion, von hier aus hat man einen weiten Blick auf die Anbaugebiete Pomerol und Saint-Emilion, sowie ins Tal der Dordogne. Es ist einer der höchstgelegenen Punkte der Gegend, daher leitet sich auch der Name ab: Le Puy bedeutet obenauf, das Terrain wurde auch schon als „Hügel im Wunderland“ bezeichnet. Château le Puy, man ahnt es schon, macht sich wenig aus Konventionen, obwohl es sich seit über vier Jahrhunderten in Familienbesitz befindet, zählt das Gut zu den Underdogs unter den Bordelaiser Châteaux. Das liegt sicherlich auch daran, dass sich Familie Amoreau schon der Biodynamie zuwandte, als die noch nicht den heutigen Stellenwert besaß und unter dem zweifelhaften Ruf der esoterischen Scharlatanerie litt. Rebstöcke und eine Vielfalt anderer Pflanzen gedeihen auf le Puy in einem natürlichen Ökosystem, in dem auch Elemente der Permakultur praktiziert werden. Pascal und Jean-Pierre Amoreau wollen ihre Weine so natürlich wie möglich erzeugen und verzichten auf jeglichen, ihnen unnötig erscheinenden Eingriff. So wollen sie den unverfälschten und präzisen Ausdruck des Terroirs zeigen. „Rose-Marie“ wurde aus Merlot-Trauben gewonnen, die 50 Jahre alten Reben stehen in einer Höhe von 110 Metern auf rotem Ton, Schlick und Kalkstein. Der Wein wurde nach dem Saignée-Verfahren gewonnen, von der Maische wurde nur ein geringer Anteil des Saftes abgezogen, nach der Gärung mit natürlichen Hefen im Edelstahl wurde der Wein in gebrauchten Eichenholzfässern ausgebaut, ungefiltert und ungeschwefelt abgefüllt. „Rose-Marie“ trägt selbstbewusst ein mittleres Kirschrot zur Schau, der intensive beerige Duft wird noch von feiner Holzwürze und Rauch begleitet. Waldbeeren, Himbeere, Brombeere und reife Hagebutte, auch feine Fruchtsüße, Erdbeere und Süßkirsche, Brombeersirup, warmer Mürbteig, schwarzer Pfeffer, eine Spur Vanille und frische Rosenblätter, dazu ein Hauch Kräuterlikör. Sprengt auch am Gaumen die Vorstellungen eines konventionellen Rosés: „Rose-Marie“ ist ein eigenwilliger Gegenentwurf in der Textur, Substanz und den Extrakt-Werten, kräftig, dicht, intensiv und mit dem Bau eines erwachsenen Rotweins mit merklichem Gerbstoffgerüst trachtet er nach kulinarischer Begleitung und taugt auch zum Kaminwein. Die Säure zieht frisch und kräftig ihre Bahn, die Textur ist seidig, die Gaumenfrucht klar und intensiv bis zum langen Finale, Waldbeeren, rote Kirsche, auch Fruchtmark, endet herb und würzig. Ausnahme-Rosé in biodynamischer Qualität und mit einer Prise vin naturel.

Kein Sommer-Erfrischungs-Rosé, im großen Glas zugänglich und mit einigen Jahren Entwicklungspotenzial.