Vincent Pinard
„Charlouise“, Sancerre 2022

Einer der schönsten Pinot Noirs des Sancerre mit voller Frucht und Sinnlichkeit

Das Sancerre ist vor allem für seinen Sauvignon Blanc bekannt. Diese Rebsorte hat sich aber erst in den 1960er-Jahren durchgesetzt, zuvor waren die Weinberge von Gamay und Pinot Noir geprägt. Mittlerweile ist der Gamay verschwunden und der Pinot Noir führte lange ein Schattendasein, wurde vor allem als Rosé ausgebaut. Doch mit dem Klimawandel erlebt diese Rebsorte eine gewisse Renaissance, an der Vincent Pinard und seine Söhne Clément und Florent, die heute das Weingut leiten, nicht ganz unschuldig sind bzw. früh erkannt haben, weswegen sie heute auch zu den besten Pinot-Winzern dort gehören. Sie erzeugen vier Weine, von denen „Charlouise“, benannt nach Vincents Eltern Charles und Louise, unser Favorit ist.

Apropos Klimawandel: Die Appellation Sancerre als „cool climate“-Region zu bezeichnen, wäre vor zehn Jahren noch angemessen gewesen, doch in den letzten Jahren hat sich das Bild gewandelt. De facto liegt Sancerre mit einer Durchschnittstemperatur von 10,3 °C nur knapp unter Dijon mit 10,5 °C. Angesichts einer Niederschlagsmenge von 755 mm gegenüber 768 mm bzw. der Sonnenscheindauer von 1819 gegenüber 1830 Stunden, muss man konstatieren, dass Sancerre und Burgund in dieser Hinsicht fast gleichauf sind. In anderen Punkten, vor allem in Sachen Bodenstruktur, trennt die Regionen jedoch einiges. Im Gegensatz zum Burgund, wo vor allem Kalkstein aus dem mittleren Jura vorherrscht, ist das Sancerre von Silex, „terres blanches“ und „caillottes“, also Feuerstein und Kalksteinformationen aus dem Oxfordium und Kimmeridgium geprägt, was den Weinen eine ganz andere Säure und Mineralität verleiht.

Der Pinot Noir „Charlouise“ von Pinard stammt aus verschiedenen Parzellen in Bué, deren Rebstöcke vor mehr als 50 Jahren in einer Dichte von 7.000 Stück gepflanzt wurden und in einer Höhe von 250 bis 270 Metern auf Ton- und Kalkböden stehen. Die Parzellen werden bereits seit 2004 biologisch bewirtschaftet, offiziell befinden sich die Pinards in der Umstellung auf biodynamische Bewirtschaftung. Für den Jahrgang 2022 wurde ein kleiner Teil Ganztraubenbeeren mit Rappen verwendet. Vergoren wird bei de Pinards mit weinbergeigenen Hefen, die als „pied de cuve“ im Weinberg angesetzt werden. Die Weine werden weder geschönt noch filtriert und nur zur Füllung mit einer minimalen Dosis eigens produzierten vulkanischen Schwefels versetzt. Der Ausbau erfolgt 18 Monate in Barriques unterschiedlichen Alters, jedoch mit wenig neuem Holz.

Der Pinot Noir „Charlouise“ von 2022 ist ein fruchtiger und sinnlicher roter Sancerre, dessen Duft sofort Lust auf mehr macht. Er erinnert an reife schwarze und rote Kirschen, Himbeeren und etwas Vanille, gepaart mit etwas Holz und warmem Waldboden. Am Gaumen zeigt sich der Wein saftig und seidig mit nahtlos in die Frucht übergehenden Tanninen, lebendiger Mineralität und sinnlicher Säure. „Charlouise“ hat Substanz, vor allem aber bereitet der Pinot viel Freude mit seinem weichen Fruchtkern, dem ausgewogenen Tannin, der Sancerre-Spannung und der schönen Länge, die das fleischige Mundgefühl des Weins noch unterstreicht.

Ab sofort (dann allerdings gut belüften), Potenzial für 10 Jahre und mehr.