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Die Macht alter Reben: Ein Weißweinriese, den man getrunken haben muss!
Es ist eine echte Freude, wenn man Zeiten klimatischen Wandels und der zugehörigen Endzeitstimmung eine Agrar-Geschichte erzählen kann, die wieder hoffen lässt. Die zeigt, dass es eben doch möglich ist, Dinge anders anzugehen und dass solche Änderung nichts mit Verzicht und Askese zu tun haben müssen. Eine solche Geschichte ist die der Familie Gauby, die in dem winzigen Örtchen Calce in der Appellation Côtes Catalanes ganz im Süden des Roussillons mit ihrer konsequenten biodynamischen Bewirtschaftung mehr als nur ein kleines Wunder geschafft haben. Sie haben das Problem einer monokulturellen Bewirtschaftung gelöst, indem sie in ihren Weingärten Wildpflanzen nicht nur wachsen lassen, sondern in Biotop-artigen Inseln kultivieren. Diese Pflanzen sind kein störendes Unkraut, sondern dienen als Rohstoff für Tees und Auszüge, die wiederum auf den Feldern versprüht werden und als natürliche Ungezieferbekämpfung wirken. Zudem haben die Gaubys über das letzte Jahrzehnt rund 4000 Bäume gepflanzt und lassen eigene Wildtiere frei umherlaufen. Diese Bemühungen sorgen nicht nur für eine einfach viel schönere Landschaft, sondern vor allem für gesunde und resistente Reben als Basis für ihre fantastischen Weine. Trotz all dieser Anstrengungen und Investitionen in die Gesundheit der Natur, sind die Preise der Weine überaus nachvollziehbar, ja nachgerade sympathisch geblieben, zumal im Vergleich mit Spitzenweinen aus Burgund oder dem Bordelais. Deren Konkurrenz die Tropfen von Gauby nicht fürchten muss –im Gegenteil!
Den aktuellen Jahrgang der weißen Cuvée „Vieilles Vignes“ kann man im Grunde nur hymnisch beschrieben! Die wilde Mischung aus Macabeu, Grenache Blanc, Grenache Gris, Carignan Blanc und Chardonnay von zwischen 50 und 110 Jahre alten Reben und deren überwältigendes Aroma lassen an einen der großen Super-Toskaner denken, nur eben in Weiß und aus Frankreich. Der knappe Ertrag der alten Reben liegt bei gerade einmal knappen 15 Hektolitern pro Hektar. Gelesen wird selbstverständlich von Hand, und nach sanfter Pressung erfolgt die Gärung spontan und temperaturkontrolliert in Betontanks und Barriques. Ein ganzes Jahr liegt der Wein dann auf der Feinhefe bis er dann ohne Fitration und Schönung in die Flasche kommt.
Im Glas funkelt der Wein in sattem Gelb mit heller Kupfernote, die Flut der Aromen ist so deutlich wie eindrucksvoll: ein Hauch Vanille, Apfel, Khaki und reife Birne, etwas Bergamotte und Noten von frisch gebrühtem Earl Grey – was unglaublich Lust auf den ersten Schluck macht. Und der enttäuscht nicht: Khaki, Papaya, reifer Boskop und Birne, dazu eine feine zitrische Säure und vor allem eine ausnehmend elegante Cremigkeit. Absolut faszinierend, und ist erst der Anfang. Mit etwas mehr Luft, Zeit und Temperatur nimmt das Wunder an Komplexität seinen Lauf: Sherrynoten, Feuerstein und subtile florale Eindrücke; der Abgang wird länger und länger. Trotz seines fantastischen, überaus feinen Schmelzes bleibt der Wein wundervoll frisch und animierend. Das ist schlicht sensationell!
Lionel Gaubys weißer „Vieilles Vignes“ ist ein schlicht sensationeller Wein: enorm komplex, animierend frisch und mit fantastischem Schmelz!