„Gegen den Strom“ mit einer ungewöhnlichen, tiefen und expressiven weißen Cuvée aus dem Luberon
Erinnern Sie sich noch an die große Zeit von Peter Mayle? Er wurde weltberühmt mit Büchern, die in der Provence spielten, genauer gesagt im Luberon. Der Luberon wurde damals neben der Toskana zum zweiten großen Sehnsuchtsort der Deutschen (und nicht nur der Deutschen). Tatsächlich kann man den Luberon ohne Zweifel und ohne ihn zu verkitschen zu den schönsten Gegenden Frankreichs zählen. Diese Region hat auch den Drei-Sterne-Sommelier Guillaume Gros vor rund 25 Jahren so fasziniert, dass er vom Elsass nach Stationen in diversen Spitzenweingütern in den Luberon und vom Restaurant in den Weinberg wechselte. Dort hat er sich längst einen hervorragenden Ruf erarbeitet und auch uns mit seinen Weinen auf ganzer Linie begeistert. Der Luberon gilt in Sachen Wein eher als Rhône-Region für die einfacheren Weine. Doch davon kann bei G. G., wie er oft genannt wird, keine Rede sein. Seine Weine nehmen es eher mit den Cru der südlichen Rhône auf, so charakterstark und ausgewogen sind sie. Bestes Beispiel ist wohl sein Weißwein „à contre courant“. Das bedeutet so viel wie „gegen den Strom“ und gibt schon im Namen einen Hinweis auf seine Außergewöhnlichkeit. In kleinen Mengen und mit langer Reifezeit füllt Gros eine Cuvée aus Grenache Gris und Sauvignon Blanc von der kalkreichen Lage „Le Bouteiller“ ab, wobei der Anteil an Grenache Gris immer überwiegt. Allein diese Kombination ist schon sehr ungewöhnlich, weshalb dieser Wein natürlich nicht unter einer AOP, sondern als Vin de France abgefüllt wurde. Aber wie gut das funktioniert, hätten wir nicht gedacht – was für ein Reichtum an Mineralität und Komplexität!
Nach vollständigem Entrappen, kühler Vorgärung und kurzer Maischestandzeit wurde die Cuvée spontan ohne Zusatz von Enzymen und Schwefel über vier Wochen vergoren. Anschließend reifte der Wein über 14 Monate reduktiv in teilweise neuem, überwiegend aber gebrauchtem Holz, bevor er unfiltriert und ungeschönt in Flaschen abgefüllt wurde. Ja, der 2018er ist der aktuelle Jahrgang!
Gros’ „à contre courant“ ist ein intensiv goldgelber Wein, dessen markanter Duft nur so aus dem Glas drängt. Man sollte ihn auf keinen Fall zu kalt und immer in einem großen Glas servieren – eine Stunde oder länger Karaffieren hilft auch, denn der 2018er braucht Platz und Luft! Dann wird er auch von Minute zu Minute ausladender – ohne seine Präzision zu verlieren. Wer lang gereifte Weine aus Sancerre und Pouilly Fumé kennt, wird hier ein Aha-Erlebnis haben, denn die Mischung aus Wollwachs, eingelegten Zitronen, Quitten und Melonenschalen sowie eine leicht reduktive Note, die an verbranntes Gummi erinnert, kennt man auch von dort – plus die leicht oxidative Aromatik, die dem Grenache Gris eigen ist. Am Gaumen, der zugleich vollmundig und straff wirkt, kommen Noten von gesalzenem Karamell, Nashi-Birnen und kandierten Orangenscheiben hinzu. Hier zeigt sich eindrucksvoll, dass ein Wein gleichzeitig süß und trocken sein kann. Eine reife, seidige weiße Frucht birgt zusammen mit der Karamellnote eine feine Extraktsüße, die von frischen Zitrusnoten konterkariert wird, bevor die Würze, ein dezentes Petrol und vor allem eine ausgeprägte Salzigkeit das Ruder übernehmen. Ein leichtes Tannin verleiht dem Wein eine angenehme Textur, die zwischenzeitlich fast schmelzig wirkt, aber immer frisch bleibt. Im langen Finale schließlich wird man sich bewusst, dass der Wein durch und durch trocken ist und dass die Süße einfach Teil der wunderbaren Harmonie ist, die dieser gegen den Strich gebürstete Weißwein bietet, während er langsam ausklingt, aber die Salzigkeit und die mineralischen Vibrationen des Kalks noch lange am Gaumen verbleiben.
Jetzt bis 2030 und länger zu genießen.
Der „à contre courant“ von Guillaume Gros ist ein fabelhafter Weißwein, der sich ungemein vielschichtig und mineralisch, dicht und komplex präsentiert!