Herrlich appetitanregender Marcillac-Einstieg!
„Ein Ungestümer, der sich gut hält“– so, oder so ähnlich kann man den Namen der Rebsorte Fer Servadou übersetzen. Diese zugeschriebenen Eigenschaften braucht eine Rebe auch, die wirkliche Winter zu überstehen hat, wie sie in der AOC Marcillac vorkommen können. Fer oder auch Mansois genannt, scheint schlicht die maßgeschneiderte Rebe sein: man findet sie auf 90 % der rund 200 Hektar Anbaufläche unserer AOC. Voller Selbstbewusstsein wurde Anfang der 1960er-Jahre bei der Wiedererrichtung des Anbaugebietes (ein katastrophaler Winter mit Frösten von bis zu -20 °C hatte 1956 den Südwesten Frankreichs heimgesucht und um Marcillac einen großen Teil der Reben vernichtet) auf den Mansois gesetzt: Seine Eigenschaften vermochten am besten, einen Terroir-eigenen Charakter zu fixieren. Bis heute hat die AOC (der Präsident dieser Kommission ist niemand anderes als Philippe Teulier von unserer Domaine du Crois) in ihren Statuten den Mindestanteil von Fer Servadou auf 80 % der Assemblage festgelegt. Der „Lo Sang del Païs“, ein reiner Mansois, ist als weingewordener Ausdruck dieses Selbstbewusstseins gedacht.
Von den teilweise unangenehm steilen Lagen der Domaine werden die Trauben (freilich handgelesen) heimgefahren und entrappt eingemaischt. Die 15 bis 20 Tage (unter kontrollierter Temperatur) im Edelstahltank sind keineswegs eine Ruhephase für den Most: Eine ausgeklügelte und bewährte Abfolge von Maßnahmen soll Aromen und Tannin in bestmöglicher Gestalt in den Wein überführen. Neben vorsichtiger pigeage (Hinunterstoßen des Tresterhuts) und nicht ganz so vorsichtiger remontage (Überschwallen des Tresterhuts) wird auch noch eine délestage vorgenommen; ein Umpumpen des Weines in ein zweites Gefäß, bei dem die Kerne ausgesiebt werden, die sich mittlerweile aus dem Beerenfleisch herausgelöst haben und gefährlich-direkten Flüssigkeitskontakt bekamen. Innerhalb eines Jahres wird „Lo Sang del Païs“ dann abgefüllt.
Dieser rote Marcillac zeigt sich im Glas recht geheimnisvoll: sein teils helles Granatrot verbirgt bei zarter Trübung ein schwaches Violett. Die Aromenwelt braucht ein wenig Zeit aus ihrem Schlaf in Dunkelheit aufzuwachen. Schließlich ist er voll da: Würznoten (Pfeffer, Flieder, Rauch, Tontopf, Graphit, Steinpilz, Waldboden, Laub, Minze, Lorbeer, Speck, Salbei, Zeder, Kaffee, Sellerieblätter, Lilie) quellen hervor und scheinen die Frucht (Kirsche, Pflaume, Cassis, rote Johannisbeere, Granatapfelmelasse, Olive, Himbeere) sanft vom Vordergrund fernhalten zu wollen. Immenser Appetit stellt sich bei uns ein, wenn sich dann endlich Kontexte und Kompositionen ergeben und beispielsweise Erinnerungen an saftige Schmorbraten entstehen. Dieses Appetitgefühl wird dann auf der Zunge so richtig heftig: Das sanfte, aber bestimmte Tannin schiebt herrlich-erfrischende Säure in den Vordergrund; eine subtile Schärfe im Gefolge. Frucht bleibt zwar im Bereich unserer Wahrnehmung deutlich, wirkt aber nach wie vor wie hinter der Hand hervorgeflüstert. Was für ein fabelhaft-selbstbewusster und agiler Marcillac.
Leicht gekühlt (14–16 °C) jetzt und bis sicherlich 2029 ganz wunderbar (uns gefällt er bis drei Jahre jung am besten). Passt hervorragend zu gegrilltem Lamm, die Teuliers empfehlen zu den herrlich rustikalen Klassikern der Region aligot und tripoux sowie zu fourme de Laguiole – was wir nur bestätigen können!
Ein fabelhafter Terroir-Einstieg: Auch 2023 ist „Lo Sang del Païs“ der Domaine du Cros der selbstbewusste Botschafter des Marcillac.