Marcillac in Vollendung: „Eine Hymne auf Mansois“ – bettane+dessauve
Besonders die Steillagen des Marcillac, auf denen unser „Les Rougiers“ wächst, legen dieses hypnotisierende Rot des gleichnamigen Untergrundes frei. Ein an Eisen reiches Tonmineral, das optisch reizvoll nur in den oberen Schichten von weißem, kalkhaltigem Gestein abgeschlossen wird; diese rote Schicht hat für Jahrhunderte für das Einkommen der Bewohner gesorgt. Der Eisenabbau endete allerdings fatalerweise genau in der Zeit, in der die andere Einkommensquelle, der Weinbau, ebenfalls versiegte. Ein extremer und plötzlich einsetzender Frost (Für Gegenmaßnahmen blieb einfach keine Zeit) von bis zu -20°C hatte 1956 fast den gesamten Rebenbestand vernichtet. Nur der Trotz Weniger – man fühlt sich an das bekannte gallische Dorf erinnert – führte zu einer langsamen Neuanpflanzung. Die Eltern des heutigen Inhabers der Domaine du Cros Philippe Teulier (er teilt sich mittlerweile die Leitung mit seinem Sohn Julien) waren am Prozess beteiligt. Sie waren auch Fürsprecher einer sehr selbstbewussten Entscheidung: die klassische Rebsorte Fer Servadou (auch Mansois genannt) sollte zum Alleinstellungsmerkmal ihres Anbaugebietes werden (seit 1990 auch auf Betreiben Philippes eine AOC). Es ist schon eine äußerst mutige Tat, quasi aus dem Nichts eine Typizität zu generieren und diese mittels präziser Regeln dann auch zu erreichen. Die Belohnung kam spät: erst langsam wird der Rotwein (für die Weißen gibt es immer noch keine AOC) aus Marcillac zum Geheimtipp. Die Belohnung für uns: Wir können richtig tolle Weine für vergleichsweise wenig Geld genießen. Toll, nicht?
Die Reben der Teuliers, die zu „Les Rougiers“ werden dürfen sind zu beträchtlichem Teil in jener „Stunde Null“ gepflanzt worden. Der Mansois (humorvoll-ehrerbietig hat Teulier seinem Hund diesen Namen gegeben – ulkige Vorstellung: Philippe geht durch seine Reben und ruft Hund und Weinstöcke gleichermaßen) liefert Trauben, die vor dem Einmaischen entrappt werden (seit 1990). Im Edelstahl werden dann bei kontrollierter Temperatur handwerklich sämtliche Register gezogen, um den Fer in Idealgestalt zu inszenieren. Pigeage extrahiert genau das Quantum an Farbe und Tannin, ohne dass dabei die Aromen zuviel schädlichen Sauerstoff abbekommen. Remontage (das Überschwallen des Tresterhutes) fügt genau die Menge Luft hinzu, die es braucht, dass Frucht und Würze in ein festgelegtes Verhältnis geraten. Das Umpumpen mit Heraussieben der Kerne (délestage) verhindert, dass deren Bitterstoffe in Lösung gehen können. In zum Teil neuen Barriques reifte der 2018er für etwa ein Jahr. Auch hier: der Holzkontakt ist penibel bemessen.
Verhalten-violett, dunkles Granatrot, an den Rändern zart gebräunt: „Les Rougiers“ scheint schon den Augen von seiner faszinierenden Geschichte erzählen zu wollen. Würze (Steinpilze, Rauch, 100%ige mexikanische Schokolade, Gummi, Erde, Teer, Kaffee, nasse Terracotta, Zigarrenkiste, Leder, Waldboden, Paprika, Rose, Flieder, ausgepustete Kerze) verlässt das Glas, die Frucht (Olive, Kirsche, Pflaume, Cassis, Granatapfel) scheint hinterhergezogen. Wir wähnen uns, aus dunklem Walde tretend, schwungvoll mit einer reizenden Obstschale begrüßt. Die elegante Säure wirft auf die Szene ihre Spotlights, während das beispielhaft eingefasste Tannin alle Extreme abschattiert. Im Genuss des ewigen Ausklanges können wir uns die Frage stellen, wie lange dieser Marcillac wohl im Keller liegen kann – wir können uns diese Frage stellen, wenn wir unbedingt wollen; aber wir müssen es nicht. Alles scheint schon jetzt am rechten Platz. Himmlisch!
Ab sofort bis mindestens 2032+.
Dieser „Les Rougier“, ein roter Marcillac von 2018, fasziniert durch elegante Säure, beispielhaft eingefasste Tannine und kraftvolle Würze. Himmlisch!