Madiran monumental: ein großer Tannat!
Längst ist bekannt, dass in Madiran aus der Rebsorte Tannat exzellente und lange lagerfähige Rotweine entstehen – zumindest in Frankreich. Dennoch liegen die Preise immer noch deutlich unter denen vieler stärker etablierter Regionen. Dabei scheuen Top-Produzenten wie Familie Laplace keinen Aufwand. So geben sie den Weinen aus den tannin- und extraktreichen Trauben genügend Zeit, damit die kantigen Gerbstoffe ihre raue Seite verlieren und sich geschmeidig in ein harmonisches Ganzes einfügen. Wie beim „Château d’Aydie“, dem Flaggschiff des Weinguts. Dessen aktueller Jahrgang 2018 braucht etwas Zeit und Luft zum Atmen, zeigt sich dann aber in hervorragender Verfassung. Sicher kann er aber auch noch viele Jahre liegen bleiben.
Dieser klassische vin de garde stammt von typischen Böden des Madiran, die Familie Laplace als „Terroir-Mosaik“ beschreibt. Immerhin umfasst die Appellation am Fuße der Pyrenäen – Frankreichs „ungeschliffener Diamant“ (Andrew Jefford in World Of Fine Wine) – gleich drei départments, die Pyrénées-Atlantiques, Hautes-Pyrénées und Gers. Hier liegen die Weinberge an den Hängen fünf großer Bergrücken, die in Nord-Süd-Richtung verlaufen und durch asymmetrische Täler voneinander getrennt sind: lange, wenig geneigte Osthänge und kurze, steile Westhänge. Diese Rücken werden außerdem von Nebentälern durchzogen: Südhänge, an denen in der Regel Wein angebaut wird, und Nordhänge, die hauptsächlich bewaldet sind. Die oberen Hänge weisen meist Kieselsteinböden auf, die mittleren Hänge Ton-Kiesel-Böden mit Kieselsteinen, dann findet man an den steilen Hängen mehr oder weniger steinige Ton-Kalk-Böden und an den sanften Hängen lehmige Böden mit sogenanntem grep (saure Silikat-Ton-Kalkstein mit Eisen-Mangan-Einschlüssen) … – wie gesagt, ein Mosaik!
Im Terroir de Saint Lanne stehen mehr als 30 Jahre alte Reben auf lehmig- kalkhaltigem Boden, im Terroir d'Aydie stehen sie in lehmig-kiesigem Boden und im Terroir de Moncaup in lehmigem Boden mit großen abgerundeten Kieselsteinen, die den „galets roulés“ in Châteauneuf-du-Pape ähneln. Der Tannat wurde von Hand gelesen und bei 10 bis 12 ºC über fünf Tage hinweg in einer sogenannten Kaltmazeration entsprechend kühl vorvergoren, bevor er langsam 25 bis 30 Tage lang bei bis zu 25 ºC vergoren wurde (pigeage und remontage inklusive). Nach dem zwölf- bis fünfzehnmonatigen Ausbau in Eichen-Fudern und tonneaux reift der Château d’Aydie weitere 20 Monate auf der Flasche.
Und der zeigt sich so elegant wie seine Farbe im Glas – ein vornehmes Violett. Die Nase ist komplex, aber nicht vordergründig: sehr reife Sauerkirsche, Pflaume, schwarze Johannisbeeren, Brombeere, Gewürze, Leder. Eine animierende Säure und runde Tannine steigern den frischfruchtigen Trinkgenuss. Wunderbar ausgewogen tänzelt dieser Tannat zwischen aromatischer Kraft, feingliedriger Eleganz und saftiger Frische. Ein großer Wein, der, gut dekantiert und eher kühl serviert, hervorragend zu Wildgerichten passt.
Ein Wein wie dieser braucht Zeit – entweder in der Karaffe ein paar Stunden vor Genuss belüften oder einfach noch ein paar Jahre im Keller „vergessen“. Bis 2032+ wird er nur noch schöner!
Der Château d’Aydie 2018 ist das tiefrote Flaggschiff von Familie Laplace. Dunkelste Frucht, herbe Aromen, distinkte Säure und viel Tannin – ein großer Wein