Ein wunderbar zahmer Einstieg in die faszinierend wilde Welt des Tannats
Die französische Gemeinde Madiran mit ihren knapp 500 Einwohnern ist Namensgeber der 1300 Hektar großen AOC im französischen Südwesten. So klein die Region (zum Vergleich: das Bordelais umfasst rund 113.000 Hektar), so groß ist die Geschichte und das Potenzial der Weine. Die wichtige autochthone Traube der Region ist Tannat, deren Namen schon erahnen lässt, dass man es hier mit einem tanninreichen Rotwein zu tun hat – und genau so ist es auch. Die kleinen dickschaligen Beeren stehen im Ruf, schwierige, vor allem kantige Weine zu ergeben, die mehrere Ewigkeiten brauchen, bis sie wirklich mit Genuss trinkbar sind. Das benachbarte Bordeaux hat sich lange der Trauben bedient, um den eigenen Cuvées eine dunklere Farbe und etwas mehr Würze und Druck zu verleihen. Erst in den 1970er-Jahren wurde der Gegend das AOC-Siegel zugesprochen, und die Winzer begannen ihr Tannat-Juwel zu polieren und auf Glanz zu bringen – denn unter der rauen Schale schlummert tatsächlich ein Schatz. Familie Laplace, die seit 1927 auf Château Aydie Wein produziert, gehört zu diesen Winzern. Ihr ist es gelungen, den Charakter der eigensinnigen Traube einzufangen und gleichzeitig Weine zu keltern, die viel Freude bereiten, ohne dass man darauf Jahrzehnte warten müsste. In der Cuvée „l’Origine“ bekommt Tannat Gesellschaft von den Cabernets Sauvignon und Franc (jeweils 10 %), und das Ergebnis ist ein wunderbar zahmer Start in die faszinierend wilde Welt der Tannat-Weine. Die Trauben finden auf dem von Lehm und Kalk geprägten Boden eine ideale Nährstoffversorgung. Die Kühle der nahen Pyrenäen und die Meereswinde sorgen für kräftige Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht für ein Klima, in dem die Trauben ihr Aroma perfekt entwickeln können. Ausgebaut wurde der Wein für 12 bis 15 Monate in Tanks, getrennt nach Parzellen und Rebsorten, nachdem er für zehn bis 20 Tage bei 22 bis 24 °C vergoren wurde.
Schon die Farbe macht den Weinen der Region alle Ehre: In blickdichtem Schwarzrot präsentiert sich der „l’Origine“ im Glas und duftet nach einem ganzen Korb schwarzroter Früchte, nach Brombeere, Schwarzkirsche und ganz verhalten nach Himbeere. Ein enorm dichtes Bouquet, an dem sich Ewigkeiten schnuppern und immer wieder Neues entdecken ließe. Dicht und frisch ist dieser ätherische Duft mit kräftigen Tanninen, Würze, Nadelholz und Harz, mit Eukalyptus und Rosmarin. Auch am Gaumen dann eine breiten Beerenfront, die Beeren sind frisch, nicht überreif und haben eine zarte, aber distinkte Säure, die, sehr elegant, nach und nach die süßeren Fruchtaromen durchscheinen lässt. Wie es sich für einen Wein aus der Tannatrebe gehört, sind die Tannine zupackend und kräftig mit sympathischen Ecken und Kanten – aber im Vergleich zur Tanninwucht zu der die Rebsorte imstande ist, ein in jeder Hinsicht bemerkenswert elegante Variante des Madirans. Der Nachhall ist lang und von erstaunlicher Finesse, die Tannine werden mit der Zeit immer weicher, feine Frucht, etwas Pfeffer und Vanille kommen nun zum Zuge. Diese Cuvée macht schon jetzt Lust auf ein BBQ, passt aber auch perfekt zu gebratenem Geflügel auf orientalisch gewürztem Couscous oder zu einem rustikalen Vesper mit Wurst und Käse.
Ab sofort (etwas Luft ist momentan von Vorteil), Potenzial bis sicherlich 2032+.
Mit dem „l’Origine“ ist Familie Laplace ein wunderbar duftiger, feinwürziger, saftiger und tiefdunkler Madiran geliungen, der jetzt schon ein Genuss ist.