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„Le Cèdre“ 2023: Best ever (?)! Der Platzhirsch des Cahors, der Bordelaisern das Fürchten lehrte
Von der Cuvée „Le Cèdre“ werde je nach Jahrgang im Schnitt zwischen 20-30.000 Flaschen produziert, selbst in den generösesten Jahrgängen übersteigt die Produktion die 40.000 Flaschen nicht, Mengen, die in den letzten trockeneren Jahren zudem ohnehin nicht mehr erreicht wurden. Im Vergleich zu den Grand Vins einiger der besten bewerteten Château im Bordelais, stellt die Gesamtproduktion auf Château du Cèdre meist mit einem Zehntel nur einen Bruchteil dar. Und doch lehrte dieser Wein dem Bordeaux das Fürchten, zumal dieser trotz aller handwerklich anspruchsvollen Erzeugung deutlich günstiger, ja ebenso preiswerter ausfällt, sodass im Vergleich manch Grand Cru Classé hier allenfalls seinen Zweit- oder gar Drittwein offeriert.
Das Château du Cèdre hat viel zu bieten. Es spiegelt eine Familiengeschichte wider, die nun ein halbes Jahrhundert umfasst. 1914, nachdem weite Teile im „Grande Guerre“ Belgiens besonders drastisch zerstört wurden, flüchtet Pascals Verhaeghes flämischer Großvater Léon mit dem Allernötigsten bepackt nach Frankreich. Binnen kürzester Zeit lernt er sich zu verständigen, trifft auf einer Farm auf seine zukünftige Frau Odette in Vire-sur-Lot. Ihr Sohn Charles, der 1933 geboren wurde, widmet sich als Landwirt gemeinsam mit seiner Frau Marie-Thérèse der Bewirtschaftung von Lavendel. Begeistert vom Weinbau, pflanzt er die ersten Hektar Reben im Jahr 1958 und verkaufte die Resultate an lokale Lebensmittelhändler. Doch erst im Jahr 1973 wird professioneller Weinbau betrieben. Bis ins Jahr 1987 trägt die Domaine prächtige Früchte, wird dann aber von einer Parkinson-Diagnose bei Charles in ihrer Existenz gefährdet. Die Söhne Pascal und Jean-Marc – ursprünglich nicht drauf vorbereitet, das Familiengeschäft zu übernehmen – entscheiden sich für den Weinbau. Ein Erweckungserlebnis bei Jean-Marie Guffens begeisterte Pascal fürs Leben. Stationen in Napa Valley und im Sauternes folgten. Der Rest ist Geschichte.
Heute zählt Château du Cèdre als Klassiker der Region, Pascal und Jean-Marc brachten diese innerhalb von 15 Jahren aufs internationale Parkett. Die Weine reifen nachweislich mehrere Jahrzehnte und entwickeln sich zu ganz großen Rotweinen. Es steckt hier viel Authentizität im Glas, mehr als bei den meisten großen Häusern, die von Beratern und Önologen unterstützt einheitliche Weine hervorbringen, die einfach nur dem Marktgeschmack entsprechen sollen. Mittlerweile sind es Pascals Söhne, Jules und Robin, welche die Familie mit neuen Ideen weiter vorantreiben und zu neuen Bestleistungen ermutigen. Geblieben ist die einmalige Klasse ihres Paradeweins, dem „Le Cèdre“.
Dass der Wein heute so schmeckt wie vor Jahrzehnten, diese Annahme müssen wir allerdings revidieren. Als Beweis gilt uns hier Aristoteles über 2.400 Jahre alte Weisheit „Die Schönheit ist für jedes Lebensalter eine andere.“, die er in seiner berühmten „Rhetorik“ erwähnte. Wie oft erwähnt Pascal bei unseren Verkostungen, wie sehr sich nicht nur die klimatischen Bedingungen, als auch sein eigener Geschmack, ja seine Vorstellungen vom perfekten Wein über seine Tätigkeit als Winzer verändert haben. Die Feinheit, ja der Trinkfluss und eine gewisse Eleganz zählen zu den Attributen, die er für erhaben ansieht, die er auch in seinen Weinen sucht. Und so mag manch Cahors-Novize verwundert sein über die Finesse und Seidigkeit, die allen Rotweinen Château du Cèdres eigen ist. Die Vorstellung davon, was großen Cahors ausmacht hat Pascal längst in seinem Kopf, er spürt sie, hat das Abbild geistig vor Augen (seine Wanderjahre verbrachte Pascal im Burgund und es war immer sein Lebenstraum, einen burgundischen Malbec zu erzeugen. In den letzten zehn Jahren hat er, dieser so im positivem Wortsinne Weinbesessene, die Alkoholgradationen im Schnitt um ein Volumenprozent absenken können.) Dass eine ökologisch nachhaltige Bewirtschaftung das Ausgangsmaterial für große Weine ist, so wie beim Tischler nur aus gutem Holz wertige Produkte entstehen, ist dem Winzer lange bewusst, er ist biozertifiziert.
Der Jahrgang 2023 im Cahors war von zwei Facetten geprägt: ein eher feuchtes Frühjahr mit guten Wasserreserven durch den winterlichen Schneefall sowie ein trockener warmer Sommer von Mitte Juli, der sich bis in den Herbst in den Oktober hineinzog. Das Ergebnis sind hocharomatische Trauben, die bestenfalls Weine von großem Reifepotenzial und mit enormem Charme ergeben und dank ihrer Konzentration durch einen Altweibersommer, mit rund 4 bis 7 Grad Celsius höheren Durchschnittstemperaturen kraftvolle Weine ermöglichten. Für das Leseteam um Jean-Marc Verhaeghe galt es daher rosinierte und überreife Trauben herauszuschneiden, anstatt wie üblich unausgereiftes Material hängen zu lassen. Die Malbecreben für den „Le Cèdre“ sind mittlerweile zwischen 30 und 50 Jahre alt, reifen für 24 Monate in 50 % neuem Holz. (50-Hektoliter- sowie 500-Liter-Fässer) Bis ins Frühjahr 2026 schlummert der Wein nun im Keller des Châteaus.
In alter Tradition dürfen wir vorab eine Fassprobe verkosten, sobald der Wein seinem finalen Bild nahekommt und im Keller die finale Cuvée steht. Dieser tief violette Malbec duftet massiv nach dunklen Früchten aus dem Glas. Brombeeren, saftige schwarze Johannesbeeren und eine verführerisch süßlich duftende Maraschino-Kirsche tummeln sich hier. Erst mit Luft zeigt der Cahors auch Tertiäraromen wie Lakritz, etwas Sous Bois und Myrrhe. Die Frucht ist herrlich kühl – man würde eher an ein kaltes Jahr denken. Das liegt auch an der zarten Extraktion der Trauben. So sprechen die Verhaeghes selbst von einem Jahrgang „burgundischer Art“. Am Gaumen gleitet der Cahors über die Zunge, besitzt fleischige aber fein polierte Tannine. Die feine Säure leitet den Wein, hebt ihn an und verleiht ihm so Leichtigkeit. Im Nachhall tauchen dann Orangenschalen und Minze auf, was zu einer herrlichen Liaison dunkler und roter Früchte führt. Ein formidabler Cahors, der schon aus dem Fass völlig geschmeidig wirkt und in seinem Druck und der Fruchtfülle großes Potenzial zur Reife besitzt. Einer der ganz großen „Le Cèdre“ der letzten fünf bis sieben Jahre, der erneut beweist, dass Pascal noch so viel zu erzählen hat und mit seiner einmaligen Fähigkeit sich an die Herausforderungen der Zeit anzupassen und seinen über Jahrzehnte angesammelten Wissensschatz punktiert einzubringen, ein großes Vorbild der Region abgibt!
Malbec in Reinform. Der „Le Cèdre“ zählt zu den wenigen Rotweinen Cahors, die bereits in Subskription ausverkauft sind. Eine französische Wein-Ikone!