95 Punkte: „Die neun besten Weine aus luftiger Höhe“ – FALSTAFF
„Drink the mountain“: hochfeiner, hochkomplexer Nebbiolo!
Die Kalifornier haben ihr Bestes gegeben. Auch die Australier haben es versucht. Doch Barolo und Barbaresco zu kopieren, wollte nirgendwo auf der Welt so recht gelingen. Dabei ist gerade der Nebbiolo, die widerspenstige Rebe der großen Rotweine aus dem Piemont, ähnlich wie Pinot Noir in der Lage, die Nuancen verschiedenster Terroirs ins Glas zu bringen. Voraussetzung ist freilich eine besonders günstige Lage, wie sie die anspruchsvolle Sorte etwa in der Langhe vorfindet (wo neuerdings mehr und mehr Nebbiolo in Weinbergen angebaut wird, die Jahrzehnte lang mit pflegeleichteren Trauben wie Barbera oder Dolcetto bestockt waren). Kaum bekannt ist indes, dass nordöstlich von Mailand, im hohen Norden der bergigen Lombardei und nur einen Steinwurf südlich der Schweiz eine veritable Nebbiolo-Hochburg versteckt liegt: das alpine, felsige Valtellina – Italiens nördlichstes Weinanbaugebiet. Hier wurde schon Chiavennasca kultiviert – wie der Nebbiolo dort genannt wird – lange bevor die Sorte im Piemont heimisch wurde. Wie der klare, frische Sassella „Stella Retica“ auf das Schönste beweist, ist diese Ursprünglichkeit in dem zumeist übersehenen Gebiet bis heute erhalten geblieben. Der Wein stammt von 50 bis 100 Jahre alten Rebstöcken aus dem steilen, steinigen, in einer Höhe von 400 bis 550 Metern gelegenen Cru Sassella – genauer gesagt aus dessen Unterparzellen Rocce Rosse, Nuova Regina und Ultimi Raggi. Im Glas zeigt er ein helles, transparentes Rubinrot mit orangefarbenen Reflexen. Die Nase ist überaus fein und elegant: Noten von Walderdbeeren, Rosenblüten sowie eine leichte Nelken-Würze machen das Bouquet aus. Hinzu kommen Bergwiesenkräuter, etwas Holzrauch, junge Fichtennadeln, Unterholz, insgesamt ein kräftiger Waldgeruch. Die dreimonatige Mazeration in Holzfässern, gefolgt von 18 Monaten in Holzbottichen und -fässern, haben die Geschmackskomponenten nicht nur intensiviert, sondern auch harmonisiert. So kehren die Aromen im Mund saftig zurück und halten lange Zeit an. Die Nebbiolo-typischen Tannine sind auf Hochglanz poliert, die Säure ist gekonnt integriert. Ein dicht gewirkter, kompakter Wein von rauer Eleganz, der seine Herkunft von eisenhaltigen roten Böden mit hohem Lehmanteil in erstaunlicher Weise widerspiegelt. Einen kühlen, felsigen Berg zu trinken – das geht also doch.
Ab sofort und bis 2036 und länger.
Der Sassella „Stella Retica“ von ArPePe ist ein dicht gewirkter Wein von rauer Eleganz, der seine Herkunft auf erstaunliche Weise widerspiegelt.