Bruno Giacosa
„Falletto“ DOCG Barolo, rosso 2020

„Falletto“ 2020: die pure Klassik mit Charmeoffensive. 18 Punkte – JANCIS ROBINSON | 18,5 Punkte – WEINWISSER

Bei manchen Weinen kommt man schon dann, wenn man den Wein ins Glas gießt, aus dem Schwärmen nicht mehr heraus. Der aktuelle Barolo „Falletto“ 2020 von Bruna Giacosa, der Tochter von Bruno Giacosa, ist ein solcher Wein. Hier kommt eine fantastische Cru-Lage in Serralunga mit einem heiß ersehnten Jahrgang und einer großartigen Winzerin zusammen. „Falletto“ ist die Barolo-Paradelage der Giacosas, in der Bruno Giacosa früh 11,12 Hektar erworben hat. Heute ist das ein unschätzbarer Wert, gilt Serralunga mit seinen Böden und seiner Ausrichtung aktuell doch als der Hotspot in Barolo. Zumindest geben Winzer wie Giacomo Conterno, Altare, Vietti oder auch Gaja ein Heidengeld aus, um dort Land zu erwerben. Und die wissen genau, welchen Lagen in Barolo auch mit dem Klimawandel noch Zukunft haben. Giacosas „Falletto“ ist eine Lage mit lehmigem Unterboden, einer dünnen pulverartigen Kalksteinschicht und einem nicht ganz unbedeutenden Eisenanteil, den man auch direkt spürt. 2020 erweist sich als großer Jahrgang. Es gab ausreichend Wasser zur Wachstumsphase, einen warmen Sommer, der insgesamt aber homogener ausfiel als beispielsweise 2019. Das Ergebnis sind Barolo, die ungemein klassisch und typisch ausfallen aber obendrauf noch etwas mehr Charme in Form von saftiger Frucht besitzen als das vielleicht noch vor ein bis zwei Dekaden der Fall war. Für uns eine perfekte Mischung aus Klassik und Zugänglichkeit.

Um auf den Anfang zurückzukommen: Bei diesem „Barolo“ kommt man aus dem Schwärmen nicht heraus. Der Wein riecht faszinierend klar und präzise, kühl und warm zugleich, duftig und intensiv, fruchtig und erdig. Kornellkirschen, Hagebutten und Brombeeren, auch etwas Belem-Pfeffer und sogar Orangenabrieb, Nektarinen und Milchschokolade nebst Zigarrenkiste und etwas Oregano.
Am Gaumen bietet der „Falletto“ eine dichte Aromatik. Vergoren werden die Barolo und Barbaresco in offenen Holzgärständern von Stockinger Der anschließende Ausbau über rund 34 Monate in den riesen Holzfässern, die man im schicken Weingut begutachten kann und sich mit Volumen von teils 55 bis 105 Hektolitern wie Elefanten nebeneinander tummeln, verleiht dem Wein Kraft und Balance. Die Tannine sind seidig, geschmeidig. 2020 ist hier kein Jahr bei dem man Trockenstress schmecken kann. Der Barolo gleitet über die Zunge, auch dank der angenehmen Säurestruktur und saftigen dunklen wie roten Kirschfrucht. Man schmeckt Kalksteinpräzision wie bei einem großen Pinot Noir aus Burgund, doch viel mehr Kraft und Dichte, Die Frucht wirkt am Gaumen kühl, dazu kommt Pflaume, etwas Milchschokolade und Salmiak. Wir können diesen Riesen jedenfalls nie direkt weglegen, sondern kreisen erfahrungsgemäß immer neugierig um unsere Kisten und öffnen dieses Monument meist etwas zu früh. Das macht allerdings gar nichts, sofern man der Flasche dann Luft und große Gläser gönnt. Gerne 4-6 Stunden karaffieren in den ersten fünf Jahren, der Nebbiolo verträgt es. Idealerweise trinkt man den „Falletto“ allerdings erst in ein paar Jahren und dann über zweieinhalb Jahrzehnte hinweg, wenn nicht länger. Er ist jetzt schon grandios, aber er wird noch größer werden!

Bevorzugt ab 2029 oder, falls schon jetzt, dann mit gut sechs Stunden in der Karaffe. Bis 2053+.