Wenn sich ein bekennender Traditionalist zeigt: Dolcetto in Perfektion!
Rückbesinnung ist so wunderbar einfach für diejenigen, die alles miterlebt haben. Als Bruno Giacosa an der Seite seines Vaters anfing, sein Handwerk zu lernen und dieses Piemont zu studieren, in seinem Geiste eine Karte mit Lagen erster Güte zu erstellen; damals – und um sich das vorzustellen bedarf es schon fast Überwindung – waren Dolcetto und Barbera dort die wichtigsten Rebsorten. Um Käufer bei Laune zu halten, die hauptsächlich wegen dieser Weine anreisten, wurden Baroli als Beigabe und kleine Aufmerksamkeit des Hauses in die Kisten gelegt (nicht zu fassen! – aber letzten Endes eine kluge Sache.) Mag es auch einen Wandel zugunsten dieser „Gratisbeigabe“ gegeben haben, eines scheint für Giacosa immer klar gewesen zu sein: Dass mit dem Erfolg von Barolo und Barbaresco die Nebbiolo-Rebe zu verdienten Ehren gekommen ist, darf auf keinen Fall bedeuten, dass etwa Dolcetto ein Wein zweiter Klasse sein müsse. Solche Trugschlüsse führten andere Winzer der Barolo-DOC dazu, ihren Dolcetto herauszureißen, selbst auf den letzten Quadratzentimetern noch Nebbiolo zu pflanzen, selbst wenn sich die Parzellen (beispielsweise die auf Talsohlen) nun wirklich nicht für die heikle Sorte eignen. Bruno Giacosa beließ seinen Dolcetto dort, wo es sinnvoll war. Er verweigerte sich so erfolgreich der Mode, dass heute wieder, nach seinem Vorbild, Dolcetto wachsen darf; und zwar häufig dort, wo Nebbiolo, so edel er auch sei, einfach nichts zu suchen hat. Wenn dann noch die Weinbereitung ohne Tricks, die Giacosa seit jeher betrieb, die Stärken des Dolcettos zur Geltung bringt, sind wir im Himmel. Alle Schritte, die herrliche Frucht dieser Trauben zu unterdrücken, werden unterlassen, kein Holzton darf sich einschleichen – einzig das schaleneigene Tanningerüst hält ganz traditionell die Frucht in Schach.
Aus dem samtenen Granat-Violett dieses Dolcetto d’Alba von 2023 strömt uns schon beim Entkorken eine prächtige Fülle entgegen. Die Frucht (Schwarz- und Sauerkirsche, Pflaume, Erdbeere, Himbeere, rote Johannisbeere, Brombeere, Cassis) und Würze (Rose, Pfeffer, Graphit, Leder, Erde, Eukalyptus, Rauch, Gummi, Anis, Kamille) toben sich aber nicht aus. Irgendetwas, vielleicht Vernunft, tritt auf die Bremse, sorgt dafür, dass wir nicht Abstand vom Glas nehmen müssen und vielmehr eintauchen und der Aromatik nachspüren wollen. Unsere Zungen werden mit Balance verwöhnt. Alle Süße, die jenem Wein seinen Namen verlieh, ist in frische Säure und sanftes Tannin gehüllt. Aus diesem perfekten Akkord heraus können alle Aromen wunderbar „verstanden“ werden. Alles scheint klar, keine Fragen bleiben offen. (Wenn doch nur alle Dolcettos so perfekt geraten wären!) Giacosas Tochter Bruna hat auch dieses Jahr wieder Beweis abgelegt, warum diese Sorte einfach nicht vergessen werden darf. Riesig!
Ab sofort bis mindestens 2028+.
Auch in Giacosas Dolcetto d’Alba von 2023 bekommen wir jene magische Giacosa-Balance. So sollte jeder Dolcetto kennenlernen können!