Die Terroir-Schürfer vom Ätna: „Alta Mora“ zeigt die ganze Klasse der sizilianischen Vulkanweine. 93 Punkte – SUCKLING
Gibt es große Weißweine aus Italien? Die Antwort auf diese Frage lautet – neben Südtirol oder italienisch Alto Adige – natürlich ja, und zwar auf Sizilien, wo sich über die letzten 20 Jahre eine atemberaubende Entwicklung im Weinbau vollzogen hat. Der Dynamo hinter dieser Erfolgsgeschichte ist das Weingut Cusumano, das zu den aktivsten und entschlossensten Erzeugern auf der Insel zählt. Cusumano steht für das aufgeschlossene und moderne Sizilien, das die Traditionen achtet, die es wert sind, erhalten zu werden. Und sich von denen befreit, die zur Bürde geworden sind. Franceso Cusumano war einer der Vordenker dieses neuen Siziliens, das seine herausragenden Terroirs in den Fokus rückte und die Massenproduktion banaler und mediokrer Weine rigide drosselte. Das Weingut wird seit einiger Zeit von Cusumanos Söhnen Diego und Alberto geleitet, die in mehreren Kellereien die Trauben aus stolzen 520 Hektar Weinbergen verarbeiten. Das Sortiment ist gegliedert in elegante, zugängliche Weine aus einer Rebsorte, die viel zu bieten haben zum bescheidenen Preis. Eine Stufe höher rangieren die Lagenweine, die ein bestimmtes Terroir abbilden wie der „Alta Mora“ die vulkanischen Hänge des Ätna. An der Nordseite des Vulkans wachsen die weiße Carricante und die rote Nerello Mascalese auf bis zu 1000 Metern Höhe – Diego und Alberto Cusumano haben frühzeitig erkannt, dass es sich um eine der besten Grand-Cru-Lagen Siziliens handelt. Carricante ist eine autochthone Rebsorte, die ungewöhnlich spät reift und sehr viel Charakter zeigen kann, wenn sie im Ertrag reduziert wird, wie das in den Hängen am Ätna der Fall ist. In dieser extremen Höhenlage können die Trauben vollständig ausreifen, ohne an Frische und Aromatik zu verlieren. Sie wurden von Hand gelesen und sanft gepresst, die Vergärung erfolgte mit natürlichen Hefen in Edelstahltanks, in denen der Wein auch lagerte und reifte. Mittleres Strohgelb mit leicht grünlichen Reflexen. Ausgeprägte Aromatik und Würze im Duft, Anis, Kamille, reife Nektarine, Birne, Honig-Tarte, Pfirsich, Orangenhain, rauchig, steinig und kräutrig, etwas Moschus. Saftig und auch würzig am Gaumen, kompakt gebaut mit weicher Textur wie ein Velourteppich, die saftige Säure ist reif und läuft in einer recht breiten Bahn, gelbe Pflaumen, etwas Ananas, am mittleren Gaumen kommt etwas Honigsüße auf, intensive, vulkanisch codierte Spannung. Stoffig und tiefgründig, mit reifer, sehr eleganter Phenolik, reichhaltiger Wein mit gutem Extrakt in eleganter Auflösung. Feine Salzzitrone und auch Orangenbitter im Finish. Großer Stoff zum kleinen Tarif, sehr eigenständig, erdig, bodenständig, gelassen und doch ziemlich aufregend. Eine gewisse Opulenz wird gekontert von der kühlen Mineralik: Da stellt sich das außergewöhnliche Terroir über alle anderen Argumente!
Sofortiger Trinkgenuss, bis 2028+.
Der weiße „Alta Mora“ des sizilianischen Weinguts Cusumano zeigt im Jahrgang 2022 charmante Gelassenheit und mineralischer Energie.