
Pieropan
„La Rocca“ DOC Soave Classico, bianco
2023
Der Riese unter den Weinen des Soaves!
Die Lage „La Rocca“ am Monte Rocchetta liegt unweit des Scaliger-Kastells. In Reiseführern ist häufig zu lesen, dass diese und jene Burg ein jeweiliges Stadtbild beherrschen soll. Selten trifft diese Beschreibung so sehr ins Schwarze wie hier. Die Stadt liegt brav in der Ebene und wirkt bestens bewacht von oben. In solchem Schutz muss doch einfach Großes gedeihen können. Das dachte sich auch Leonildo Pieropan, der Enkel des gleichnamigen Gutsgründers, als er 1978 den ersten „La Rocca“ aus der DOC Soave Classico herausbrachte. Kurz vorher hatte er mit seinem „Calvarino“ den ersten weißen Einzellagenwein Italiens geschaffen und richtig Erfolg genießen dürfen. Nach Südwesten ausgerichtet, auf lehmreichem Kalkboden stehen die Cordons des Garganega und genießen das belüftungsreiche Mikroklima. Diese alte Rebsorte (erstmals im 13. Jahrhundert erwähnt) hat es in sich. Sie gilt einerseits als delikat, aber andererseits als sehr ertragreich (so ertragreich, dass sich untere Regalböden der Supermärkte in ganz Europa mit Erzeugnissen daraus füllen können). Wenn man wie die Brüder Andrea und Dario Pieropan (die Erben Leonildos) große Weine daraus keltern will, ist Ertragsreduktion recht viel Arbeit. Lesetermine auf wirklich volle Reife anzusetzen (hier wird von Hand erst Ende Oktober gelesen) scheinen nur die wenigsten Winzer der Region. Deshalb hat Soave leider einen – sagen wir vorsichtig – „belasteten“ Ruf bei Weinliebhabern. Bei „La Rocca“ sind wir aber glücklicherweise in ganz anderen Sphären: Hier erfährt der Garganega eine einzigartige Sorgfalt in Weinberg und Keller. Die Trauben, die ein kontrolliertes Maß Botrytis angesetzt haben, werden in zwei Durchgängen gelesen, entrappt, sanft hydraulisch gepresst und bei 14 bis 18 °C in glasbeschichteten Betontanks (so genannte „tulipe“) angegoren. Wenn die Gärung überall gleichmäßig begonnen hat, muss der Wein in Holzfässer umziehen. 70 bis 80 % davon gären und reifen in tonneaux aus französischer Eiche. Der Rest kommt in traditionelle, große Fässer aus slawonischer Eiche, die weniger Holztannin an den Wein abgeben, seine Aromen aber zurückhaltend bereichern. Nach 12 bis 15 Monaten auf der Feinhefe wird abgefüllt und der Wein darf noch einige Monate auf der Flasche weiter reifen.
In unseren Gläser angekommen, duftet der zart-gelbgrüne „La Rocca“ erst einmal betörend grünfruchtig (grüner Apfel, Birne, Melone, Ananas, Quitte). Die Fässer haben seine Zitrusnoten (Zitrone, Orange, Mandarine) behutsam kandiert. Die nach Zeit und Belüftung endlich auftauchende Würze (Walnuss, Heu, Muscheltrümmer, Weihrauch, Honig, Wollfett, Flint, Butterkaramell, Toast, grüne Bohnen, Muskat, Akazie, Flieder, Briochebrösel, Pfeffer, Salbei, Melasse – die Liste scheint unerschöpflich) macht das Bild dann komplett: dies hier ist ein wirklich großer Wein, der sich mit der Weltspitze messen kann. Die fast gleißende Frische auf der Zunge erinnert an jene Urlaubsmomente, wenn man es wieder einmal nicht erwarten konnte, frühmorgens in zu knapper Bekleidung auf die Terrasse eines südlichen Ferienhauses hinaustritt, den neuen Tag zu begrüßen – und zu frieren anfängt…– die Sonne geht auf und die Wärme beginnt sofort, alles Unbehagen zu vertreiben. Ungeheuerliche Breite in solch’ ausdauerndem Licht zeigen zu können: Das nennen wir große Handwerkskunst! Ein Riese!
Ab sofort bis mindestens 2037+.
Zutatenverzeichnis:
Trauben, Antioxidantien: Kaliummetabisulfit
Via Camuzzoni 3
37038 Soave (VR)
ITALY
Pieropans „La Rocca“ von 2023 ist schlicht ein Riese unter allen Weinen der DOC Soave Classico: breit, gleißend hell. Große Handwerkskunst!