AT-BIO-402
Fruchtgeladen und dennoch „frei Schnauze“ und geradlinig
Anders als die Geschwister aus Gernot Heinrichs „nackter“ Weinlinie stammen die Trauben bei diesem Rosé nicht von beiden Seeufern. Der Blaufränkisch dafür wuchs in alten Weingärten an den Abhängen des so genannten Leithagebirges. Diese nach Südosten exponierten Hänge in Winden und Breitenbrunn zeigen zum einen jenen Fossilien-reichen Kalkboden, der gleichsam um die Ecke in Müllendorf eines der größten Kreidevorkommen Europas schuf. Klippenkalk und Kalksandstein wird in dieser Gegend aber auch von Glimmerschiefer geprägt. Der Vergleich, den Gernot Heinrich für den „naked rosé“ heranzieht, ist die vibrierende, rauchige, doch zugleich warmherzige Stimme Hildegard Knefs.
Wem das zu poetisch wird, der halte sich an die präzise umgesetzte Vorgabe, dass dieser Blaufränkisch „fernab des Kitsches seiner oberflächlichen Roséweinschwestern“ fungieren soll. Der Weg, den der biodynamische Winzer aus Gols dafür wählte, besteht in einer Mitte September erfolgten Pressung von größtenteils ganzen Trauben. Nach der Spontangärung und dem biologischen Säureabbau verbleibt der Rosé fünf Monate Reifung auf der Vollhefe – und das in Tonamphoren. Unfiltriert und ohne Zusatz von Schwefel wird der naturtrübe „naked rosé“ 2023 dann abgefüllt.
Seine attraktive Farbe erinnert ein wenig an Kirschsaft mit ihrem leichten Trub. Und auch die Nase meint: „D’Accord“! Denn Sauerkirsche in herb-säuerlicher Ausprägung lässt den Blaufränkisch auch in seiner Rosé-Gestalt erkennen (was gar nicht sooooo oft der Fall ist in der „rosa Liga“). Blutorange und Gewürze wie Muskatblüte und grüner Kardamom umschwirren dieses kirschige Zentrum. Es hat schon seinen Sinn, dass Gernot Heinrich den Rosé „schlicht und ergreifend ein gutes Getränk“ nennt. Denn mit den leichten 12% und seinem Zug erinnert das in der Tat an Erfrischungsgetränke für Erwachsene. Etwas kalt gewordener Früchtetee vielleicht, aber auch ein ohne jede Süße gefüllter Rhabarbersaft, lassen sich als Analogie denken. Es ist eine dieser 750 ml-Flaschen, die zu viert in ebenso vielen Sekunden geleert sind. Denn man will einfach mehr von diesem wunderbaren Stoff. Vielleicht spricht man ja deshalb von „nackter“ Gier?
Und nicht vergessen: Wie bei allen „naked“-Weinen sollte man auch hier die Flasche vorm Genuss schütteln. „Shake it“ hat sogar ein eigenes Symbol auf Heinrichs Etiketten. Es steht gleich neben jenen für veganen Wein und Biodynamie.