4Kilos
„motor blanc“ VdM, blanco 2022

Autochthon, mit Amphore und motorisch überbegabt: Mallorca in Bewegung!

Ist ein Motor erst einmal gestartet, Energie genug aufgebracht, läuft er einfach und Bewegung bestimmt seinen Charakter fortan. Wie haben die Winzer von 4kilos also diesen „motor blanc“ zum Laufen gebracht? Zuerst einmal haben Francesc Grimalt und Sergio Caballero ihren Prensal, gewachsen auf einem speziellen eisenreichen Lehmboden so schonend wie möglich zu sich geholt. Prensal? Die autochthone, auch als „Moll“ bekannte, auf Mallorca einst fast ausgestorbene Rebsorte? Die, laut The Oxford Companion to Wine (4. Auflage) angeblich „schlappe, neutrale Weine“ hervorbringt (die 5. Auflage zeigt einen gewissen Gesinnungswandel, die Rebsorte wird nun als „potentially interesting“ geführt), aus der vor allem aber Mess- und Likörweine vinifiziert wurden? Von der das Trio Robinson, Harding, Vouillamoz zuletzt schrieb, dass sie „von tropisch-fruchtig und weich bis hin zu strukturierteren Weinen mit Mandelnoten“ gut sei? Ja, genau diese! Unsere beiden Könner bedienen sich dabei eines winzerischen Dreischritts: 35 % des Leseguts werden einer macération carbonique unterzogen, 35 % mazerieren vier Tage lange bei kontrollierter Temperatur und 30 % in 335-Liter-Amphoren den sogenannten tinajas aus mallorquinischen Tonbehältern. Einmal im Glas (der Motor läuft langsam an, schnurrt wie Kätzchen) leuchtet der Weißwein in einem Zitronengelbgold mit kupfernen Reflexen sauber, hell und klar. Im Bouquet schimmern Aromen von reifen weißen Früchten (Pfirsich und Melone – für Spanienkenner: „piel de sapo“), Birne, Apfel und azufaifa (hierzulande als Jujube bekannt; im unreifen Zustand erinnert sie wie auch die Karambole an grünen Apfel, mit zunehmender Reife immer mehr an eine Kombination aus Dattel und Melone), dann auch getrocknete Aprikose und ein Hauch Blütenhonig, was sich dann gen Kräuternoten hin aufzulösen scheint (Kamille, Anis und Fenchel, eine Spur Majoran). Minuten später dann auch etwas Kiefernharz und mediterrane macchia. Am Gaumen dann der perfekte „vino de sed“ (spanische Variante des „vin du soif“, des Weins gegen (!) den Durst), hinreißend frisch, leicht salzig, im allerbesten Sinne desenfadado, also lässig und völlig ungezwungen, perfekt akzentuierte Säure (nebst delikatem Bitter), und zarte, dabei ungemein animierende Herzhaftigkeit. Das ideale Quantum Maischestandzeit sorgt denn auch für den belebenden, ja sinnlichen grip, für Spannung und – der Motor läuft und läuft und läuft! – Bewegung, die den Wein auch im kreidig-pudrigem Nachhall (mit Talkum bestäubte Frucht) noch mit bemerkenswerter, weil mit leichter Hand dosierter Kraft ans Ziel bringt. Coup de Coeur!

Ab sofort bis mindestens 2025+.