This. Is. Segovia! Verdejo von anderthalb Jahrhunderte alten Reben!
Verdejo, die fünftmeistangebaute Rebsorte Spaniens, „the pride and joy of the Rueda DO“ (so Jancis Robinson in ihrem Monumentalwerk „Wine Grapes: A Complete Guide to 1,368 Vine Varieties“) ist Esmeralda Garcías liebste Rebsorte, „die beste Weißweintraube auf der ganzen Welt – zumindest für mich …“, die sich wie die „Albino-Variante einer eigentlich roten Sorte“ verhält, stellt zusammen mit Albariño und Moscatel de Alejandría die vermutlich ältesten Rebstöcke auf spanischem Boden. Im Süden der Appellation dominiert im Untergrund vornehmlich Granit, der von einer Sandschicht bedeckt ist, die sich, nicht von ungefähr auch auf den Etiketten von Esmeraldas Weinen wiederfindet: „Arenas de Santyuste“. Und doch sind es gerade diese kargen Böden (hier vor allem sandiger Lehm und verwitterter Kalkstein), auf denen die in typischer Buscherziehung mit Kopfschnitt kultivierten Verdejo-Stöcke besonders gut gedeihen, auch wenn das wie überall im Zentrum von Spaniens meseta vergleichsweise harte Klima seinen Tribut fordert – zumindest was die Erträge betrifft. In besonders guten Jahren (hier von „fett“ zu sprechen, verbietet sich alleine schon aufgrund der kargen, herben Landschaft) werfen manche von Esmeraldas Parzellen durchaus bis zu 3.000 Kilogramm pro Hektar ab, während die freundlichen Nachbarn mal eben die im Drahtrahmen erlaubten 10.000 Kilogramm pro Hektar einfahren (im Zweifel auch ein wenig mehr, sollten die Kontrolleure nicht ganz so genau hinschauen). Aber Esmeralda García muss sich um dieses Zahlenmaterial nicht weiter kümmern, denn Sie ist nicht Teil der 1980 aus der Taufe gehobenen „Denominación de Origen“, die ihre „Geburt“ einem bemerkenswerten Zufallsfund am Straßenrand verdankt.
Im Auftrag der Bodega Marqués de Riscal bereiste Önologen- Legende Émile Peynaud in den 1960er-Jahren Spanien auf der Suche nach einem spanischen Pendant zum französischen Sauvignon Blanc. Seine Reise schien allerdings erfolglos, nach endlos vielen Kilometern und entsprechend entmutigt, befand sich Peynaud eigentlich schon wieder auf dem Weg gen Heimat, als er in der Nähe des historisch berühmten Städtchen Tordesillas, beim Austreten am Wegesrand, die heutige Appellation Rueda neu erfand! Ursprünglich wollte sich Peynaud nur rasch „erleichtern“, geriet dabei zufälligerweise in eine mit Verdejo bestockte Parzelle: Jackpot – und der Rest ist Geschichte! Monsieur Émile hatte gefunden, wonach er so lange vergeblich gesucht hatte. Und die spanische Weinbaukarte war um eine bis heute ungeheuer produktive Appellation reicher. Ab 1970 produzierte Marqués de Riscal den ersten modernen Verdejo: selektive Lese, kurze Transportwege und Einsatz modernster Kellertechniken wie etwa eine temperaturgesteuerte Gärung im Edelstahltank wurden hier zum Patentrezept. Viele Kellereien folgten diesem Prinzip – und Rueda boomte. Natürlich haben auch andere an der Geschichte dieser Region geschrieben: Lange bevor Émile Peynaud „sein“ Rueda entdeckte, war die Gegend für ihre zum Teil oxidativen, aus Palomino und Verdejo erzeigten Weine im Sherry-Stil bekannt, und selbst dieses „Damals“ ist heute noch gültig.
Aber zurück zu einem der authentischsten, im wahrsten Sinne des Wortes „tiefschürfendsten“ Verdejos, die Spanien zu bieten hat! Esmeraldas „Village“-Verdejo (das Etikett weist ihn als „Vino de Pueblo“ und – nicht von ungefähr als „Verdejo de Segovia“ aus) stammt von zwischen 1810 und 1877 gepflanzten Reben (aus den vier Lagen „El Carrascal“, „La Fuentecilla“, „Vayuste“ und „Vallejo“, die Esmeralda auch einzeln als vinos de paraje abfüllt), die in 800 bis 850 Metern Höhe in knorriger Schönheit gedeihen. Die per Hand gelesen Trauben werden zu 70 % in Edelstahl, zu 30 % in Amphoren vergoren und auch ausgebaut (anders als bei den Lagenweinen, die nur mit Ton in Berührung kommen). Im Duft offenbart der „Santyuste“ einen zarten natural-Charakter, der auch etwas von der Wärme des 2022er-Jahrgangs hat, die den Noten von reifem Kernobst (Apfel, Birne, ein Hauch Quitte) einen fast „goldenen Schimmer“ verleiht. Dazu dann die für Verdejo typischen vegetabilen Noten, hier wilder Fenchel, Blüten und balsamische Kräuter. Am Gaumen dann etwas weicher als noch im Vorjahr, etwas dunkler vielleicht, sicherlich cremiger, das aromatische Spektrum entsprechend etwas breiter und in dieser Breite mit bemerkenswertem Tiefgang: Der grip wie gewohnt tonisch, die Gerbstoffe zart, aber distinkt, gelbe Früchte, die von Kamille und menta poleo (Polei-Minze) grundiert werden, dann auch Zitronenmelisse, Agrumen, ein leicht salinen Touch sowie Orangenblütenhonig. Wie immer ist dieser absolut verführerische Verdejo unser Coup de Cœur und die köstlichste Gelegenheit, eine Rebsorte völlig neu zu entdecken!
Esmeralda Garcías „Santyuste“: traumhafter Verdejo (tonischer grip, seidenleichte Gerbstoffe) von uralten Reben. Horizonterweiterung vom Allerfeinsten!