Palacios (Priorat)
„Finca Dofí“ DOQ Priorat, tinto 2021

Der kleine Bruder des legendären „L’Ermita“? Angesichts von 96 bis 98 Punkten ist „klein“ wohl die falsche Kategorie!

96–98 Punkte – Robert Parker Wine Advocate
96 Punkte – James Suckling

Finca Dofí ist eine Einzellage, die Álvaro Palacios 1999 hauptsächlich mit Garnacha, Cabernet Sauvignon und Syrah nachgepflanzt und in Teilen neu angelegt hat. Damals, in der Frühzeit der Renaissance des Priorats, hat man hier noch französische Sorten gesetzt, weil das damals schick war und mit Blick auf internationale Märkte besonders zukunftsträchtig schien. Glücklicherweise hat man sich längst eines Besseren besonnen und ist zu den klassischen Sorten zurückgekehrt. Dazu gehören neben Garnacha vor allem Cariñena und im Mischsatz auch altbewährte weiße Sorten wie Garnacha Blanca, Macabeo und Pedro Ximénez. Im eher kühlen 2021 kam sogar Picapoll Negro (eine rote Piquepoul-Variante) zum Einsatz. Der Einzellagenwein „Finca Dofí“ wird gerne als kleiner Bruder des legendären „L’Ermita“ bezeichnet. Aber eigentlich entzieht sich dieser Wein einer Kategorisierung. „L’Ermita“ ist Legende mit legendären Preisen und kratzt immer wieder an der Perfektion, der absoluten Vollendung. „Finca Dofí“ ist keine Legende, dafür aber mit vergleichsweise ganz normalen Preisen gesegnet, wollte man die Güte dieses Weine in Geld ummünzen. „Finca Dofí“ ist aber zweifellos ein großer Wein, zumal 2021, in einem deutlich kühleren, feuchteren Jahr, das dem heißen und trockenen Priorat und vor allem seinen Weinen sehr gutgetan hat. Álvaros „Finca Dofí“, eine Cuvée aus 88 % Garnacha, 9 % Cariñena, 2 % Picapoll Negro und 1 % Garnacha Blanca und Macabeo, stammt aus einem einzigen Weinberg, dessen Reben in 300 Metern Höhe in braunem Verwitterungsschiefer mit einem hohen Eisenanteil wurzeln und dessen Oxide je nach Lichteinfall in der Sonne glänzen. 80 % der 20 bis 40 Jahre alten Reben sind als Buschreben angelegt, 20 % mit einfachem Cordon. In diesem Jahr hat Palacios rund 60 % der Trauben als Ganztrauben in großen Holzgärständern vergoren. Extrahiert wird bei Palacios kaum – der Fokus liegt auf Finesse. Um die Säure besser zu halten, wird der Trester in einer alten Korbpresse schonend abgepresst, bevor der Wein in gebrauchtem Holz unterschiedlicher Größe (foudres und bocoyes) über 18 Monate hinweg ausgebaut wird.

Das Ergebnis seiner strengen Selektion und seiner akribischen Verarbeitung im Weinkeller ist zutiefst beeindruckend: Aromen von roten wie schwarzen Johannisbeeren, Kirschen, Walderdbeeren und Himbeeren, Rinde, Unterholz und Schiefer. Hinzu kommen Noten von Eisen, Lakritz und Kubebenpfeffer, Veilchen, Blutorangenzesten, Minze und Hibiskus. Diese Nase ist ein Fest! Und am Gaumen geht es gleich weiter so. „Seamless“ bezeichnet man im Englischen gerne diese besondere Textur eines nahtlos erscheinenden, polierten Tannins, dass der „Finca Dofí“ besitzt. Dazu präsentiert er sich mit einer fantastisch saftigen und vollen Frucht. Dieser Wein wirkt unglaublich charmant und einladend mit einer schwelgerischen Extraktsüße, einer lebendigen Säure und vielen Gewürzen, Lakritz, Mokka, dunkler Schokolade und ein wenig Tabak. Konzentration und Tiefe sind beeindruckend, und trotzdem wirkt der Wein spielerisch, lebendig, nicht erdverhaftet sondern im Begriff, sich in die Lüfte zu erheben. Palacios’ „Finca Dofí“ ist nicht nur eines der großen Weinerlebnisse des Priorats, sondern einer der großen Weine der Welt!

Mit Luft ist dieser Wein schon jetzt ein Genuss. Ideal ab etwa 2027 bis 2037+.