Sankt Ursula: drei Parzellen für ein Halleluja! 95 Punkte – Robert Parker WINE ADVOCATE
Ecce vino: Da ist er nun, der Jahrgang von Envínates „La Santa de Úrsula“ bei Pinard de Picard! Nachdem man uns die winzige Allokation des 2020ers in gefühlt Sekunden aus den Händen gerissen hatte und wir den bedauerlicherweise so gar nicht bedeutend größeren Posten von 2021 zur Subskription angeboten haben, gibt es heuer den 2022er „ganz normal“ zu kaufen! Die Reben für diesen Gemischten Satz – 67 % Listan-Negro-, 30 % Negramoll, der Rest Listán Blanco – gedeihen hier im sogenannten „parral bajo“-Verfahren, wie wir es aus Frankreich von der gobelet-Erziehungsform kennen. Die Reben stehen hier buschförmig im Weinberg in der Gemeinde Santa Úrsula. Alfonso und Roberto ließen sich die Chance nicht nehmen, gleich drei nach Norden ausgerichtete Parzellen (intern werden sie als „UR“, „SU“ und „LA“ bezeichnet) mit über hundertjährigen Reben zu bewirtschaften, die auf 350 sowie 650 Metern Höhe in einem als „La Corujera“ bekannten barrio (Viertel) im municipio (Gemeinde) Santa Úrsula liegen. Letztere ist nach einer 1614 vollendeten Kirche benannt, die auf Wunsch einer Dame aus gehobener Gesellschaft, Doña María de Gallegos, die Grund und Boden für den Bau zur Verfügung gestellt hatte, „Sankt Ursula mit den 11.000 Jungfrauen“ geweiht wurde.
„Der Boden (rotes Basaltgestein mit einer dünnen Tonschicht bzw. einer sandig-kiesigen Auflage, AdÜ) und die roten Rebsorten erinnern an Taganana, allerdings sind wir jetzt ein ganzes Stück von der Küste entfernt und haben es hier mit höheren Niederschlägen zu tun, ähnlich wie im Orotavatal.“, erläutert Roberto Santana. Für den Jahrgang 2022, der trockener als sein Vorgänger war, bedeutet das eine Gesamtmenge von 513 Litern, wobei die meisten Niederschläge von November bis April gut verteilt waren. Die Lese für diesen Wein begann am 20. September (Parzelle „UR“) und endete einen Monat später am 20. Oktober (Parzelle „LA“) bei Temperaturen von etwas über 32 °C (ein einmaliger Ausrutscher!).
Die Weinbereitung ist dementsprechend differenziert: Für die Parzelle „UR“ (in 350 Metern Höhe), die ein Drittel des Weins ausmacht, wurde die Hälfte der Trauben mit Ganztrauben in offenen Plastik- sowie Betontanks vergoren (máceration carbonique), der Rest wurde abgebeert, eingemaischt und 10 Tage lang, ebenfalls in offenen Behältnissen, vergoren. Die beiden anderen Parzellen „ SU“ und „LA“ (auf 650 Metern) wurden separat in Betontanks mit 90 % der Rappen ohne Temperaturkontrolle vergoren (die Spitzenwerte lagen bei 31 °C) und von Zeit zu Zeit sanft umgepumpt (im Grunde nur ein Befeuchten des Tresterhuts während der 15 Tage langen Mazeration). Ausgebaut wurde die Rotweincuvée, von der es diesmal 8000 Flaschen (und 100 Magnums) gibt, dann relativ zügig (acht Monate) in gebrauchten Eichenfässern.
Heilige Ursula, was ein Wein! Uns geht es vermutlich ganz ähnlich wie Luis Gutiérrez, der dem Wein ganze zwei Zeilen Verkostungsnotiz widmet (und 95 Punkte zückt!): Uns fehlen vor lauter Andacht etwas die Worte! Wieder ist es herrlich würzig-wilder Wein, und unser Fleurie-Vergleich hat immer noch Bestand, wobei Wärme und Trockenheit hier allerdings zu einer etwas höheren Konzentration geführt haben. Das Bouqet nun etwas dichter, aber anfänglich auch balsamischer, um sich dann gen Heckenrose hin zu öffnen und in eine gewisse Kreidigkeit (der Wine Advocate spricht von „talcum powder“) zu münden. Dann auch wunderbar rot- bis dunkelfruchtige Listan-Negro-Aromen (Kirsche, Brombeere, rote Pflaume), dazu Holzrauch, Preiselbeeren (frisch und als Trockenfrucht) und ein „vulkanisch-mineralisch-steiniges“ Element (Terroir satt!). Am Gaumen hochfein, geschmeidig, unglaublich präzise, saftig und fabelhaft elegant, schlank und substanziell, wieder rote, in ihrer Kernigkeit fast süß anmutende Beerenfrucht, in jeder Hinsicht „heiligmäßig“ perfektes Tannin-und-Säure-Spiel und diese, bei aller „Vulkanität“ hinreißende Symbiose aus Finesse, Frische, Zugänglichkeit und faszinierender Harmonie.
Ab sofort, mühelos bis 2032+ und gerne aus Burgunder-Gläsern.
Negramoll und Listán Negro (und ein Hauch Blanco) von über 100 Jahre alten Buschreben aus der Gemeinde Santa Úrsula für einen genialen Rotwein!