2023: „Full of joie de vivre!“ – Julia Harding MW (Jancis Robinson)
„Ich sehe 2023 hier bei uns auf einem Niveau mit ’19 und ’17.“ – Klaus Peter Keller
„Dieser Jahrgang hat, ersten Eindrücken zufolge, Weine hervorgebracht, die so gut sind, dass sie über Jahre als Referenz fungieren könnten. Klaus Peter Keller etwa, Winzer in Flörsheim-Dalsheim (Rheinhessen), hat mit Sohn Felix phantastische 2023er in den Fässern.“ – Stephan Reinhardt (FAZ, Mai 2024)
Winzer*in |
Klaus Peter und Felix Keller
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Region |
Rheinhessen
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Rebfläche |
20 Hektar
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Rebsorten |
Riesling, Spätburgunder, Chardonnay, Silvaner, Scheurebe, Grauburgunder, Weissburgunder
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Mitgliedschaft/Verbände |
VDP
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Beste Lagen |
Kirchspiel, Morstein, Abtserde, Pettenthal, Schubertslay, Hipping, Frauenberg
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Zusammenarbeit |
seit 2002
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Historie |
Weintradition seit 1789
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Liebe Kunden, seit über 21 Jahren begleiten wir nun schon Familie Keller, die in einer rheinhessischen Weinbaugemeinde wirkt, deren Name – unseren Winzern sei Dank! – von Vinophilen auf der ganzen Welt in einem Atemzug und entsprechender Ehrfurcht mit den Wallfahrtsorten im Burgund genannt wird: Flörsheim-Dalsheim. Man dürfte annehmen, dass zu dieser Erfolgsgeschichte schon so ziemlich alles gesagt worden ist, zumal diese überall nachzulesen und recht detailliert dokumentiert ist. Dennoch fällt uns immer wieder etwas auf, gibt es neue Eindrücke und Entwicklungen, die uns begeistern und von denen wir Ihnen erzählen wollen. Denn Julia, Klaus Peter und Felix widmen sich mit staunenswerter Leidenschaft neuen Projekten, entwickeln ihr Gut und (man kann das gar nicht genug betonen) auch die Geschichte des rheinhessischen Weinbaus fort. Und immer wenn man meint, die Säulen des Herakles, das Nec plus ultra des Möglichen – ganz gleich ob beim Riesling, den Burgundern oder dem Silvaner – erreicht zu haben, verschieben die Kellers diese vermeintliche Grenze immer weiter. Es ist schon faszinierend, wie diese Familie jegliche Herausforderungen meistert, sie geradezu „sportlich“ nimmt und dabei geradezu „olympische“ Qualitäten an den Tag legt. Wer einmal die Gastfreundschaft der Kellers genossen hat, sei’s bei einem Besuch vor Ort, anlässlich einer Jahrgangspräsentation oder gar das bei einer Verkostung gereifter Preziosen, wird bestätigen: Der Kontakt mit Julia, Klaus Peter und Felix ist in jeder Hinsicht eine Bereicherung!
„Man steigt nicht zweimal in denselben Fluss.“ – Heraklit
Klaus Peters und Felix’ Zentrum sind die Weinberge aus den mittlerweile wie in Stein gemeißelten Großen Lagen Flörsheim-Dalsheims (Hubacker), Westhofens (Kirchspiel, Morstein und Abtserde). Der Zugewinn der „Satelliten“ am Roten Hang, Pettenthal und Hipping, vor rund 15 Jahren markierte dabei ein weiteres ruhmreiches Kapitel, das dem rheinhessischen Weinbau internationale Aufmerksamkeit und Anerkennung bescherte. Die historisch vielleicht bedeutsamste Lage Rheinhessens, lebte Ende der 2000er-Jahre vom Ruf längst vergangener Zeiten. Es waren der Wille und erneut das unfehlbare Gespür Klaus Peters, die diesen legendären Lagen der Rheinfront zum erneuten Glanz verhalfen. Wenn wir uns die heutige Nachfrage nach dem Großen Gewächs vom Pettenthal vergegenwärtigen, kann man getrost davon sprechen, dass der Rote Hang nicht nur eine Renaissance erlebte, sondern besser denn je zuvor dasteht.
Mit dem Exkurs an die Mosel, ebenfalls ein kleines Stück Heimat der Familiengeschichte (Klaus Peters Mutter stammt von der Mosel), wird zudem Licht auf eine der faszinierendsten Lagen, die Riesling hervorbringen kann, gerückt. Bis ins Jahr 2028 wird es noch Riesling aus der Schubertslay geben. Eine Geschichte, deren Erfolg klar ersichtlich ist und eine Bilanz schon nach der Halbzeit-Partie (2018 war der Debütjahrgang, wir waren bei der Lese dabei!) erlaubt. Ja, mit Wehmut blicken wir schon jetzt dem in Ferne stehenden Ende dieses Projekts entgegen, haben wir die Weine doch auf Anhieb fest ins Herz geschlossen. Doch lässt uns genau diese bewusste Begrenzung die Güte und Einmaligkeit dieser brillanten Idee nicht viel intensiver erleben?
Es gibt keinen Grund zur Trauer! Denn ein neues Kapitel steht bevor und dies überraschender und fesselnder als wir es uns vermutlich je selbst hätten ausmalen können! Schon vor einigen Jahren haben Felix und Klaus Peter, die beide in ihren Köpfen keine Grenzen kennen (#winebringspeopletogether!), in der Pfalz, genauer gesagt im Zellertal, jener Grenzregion zwischen Rheinhessen und der Pfalz, damit begonnen Lagen zu erschließen und gar zu rekultivieren. Mölsheim und Zell sind die Ortschaften mit den magischen Bedingungen. Hier gibt es kalkreiche Ton-Mergelböden, die zum Anbau weißer und roter Burgundersorten mittlerweile traumhafte Resultate liefern. Hier fegt der Wind hindurch, kühlt die Trauben auch an warmen Tagen und bringt diese zur Vollreife. Die Zeiten wie auch das Klima ändern sich, und es gibt genügend Gründe dem positiv entgegenzublicken: Familie Keller zeigt dies exemplarisch! Dass aus Deutschland zukünftig einige der besten Chardonnays der Welt stammen könnten, untermauern die Resultate der letzten Jahre. Beim Spätburgunder hat sich diese Hoffnung mittlerweile in flüssige Tatsachen transformiert, mit 2022 steht hier, soviel sei vorweggenommen, einer der wohl größten Rotweinjahrgänge bevor (KP: „22 wird die neue Benchmark!“), den Deutschland de facto erlebt hat.
Dabei bedienen sie sich neuester Technik ebenso wie längst vergessener alter Methoden. Für Felix’ neues Sektprojekt etwa wurde Pinot Meunier gepflanzt, und das mittels eines Traktors, der anhand von GPS-Daten die Junganlage zentimetergenau mit Setzlingen bestückt. Gleichzeitig wurde ein Sitzpflug aus den 1960er-Jahren von Kellers Mitarbeiter Hannes liebevoll restauriert, der von einer Winde gezogen, die recht steinigen Böden der Dichtpflanzungen besonders schonend bearbeitet. Unweit hiervon pflanzten sie im Vorjahr auf 0,6h Hektar Pinot Noir (Pflanzdichte: bis zu 20.000 Reben pro Hektar!). Im Zuge des Klimawandels setzen KP und Felix auf die Dichtpflanzung, eine im Prinzip alte Methode, die heutzutage kaum noch angewandt wird, zumal die EU Rebzeilen mit zwei Metern Abstand (Pflanzdichte: 5.000 und weniger Reben pro Hektar) fördert, die sich mit Maschinen leicht bearbeiten lassen – Subventionen, die sich viele Betriebe nicht entgehen lassen wollen. Es war der Austausch mit Aubert de Villaine (Spiritus rector und Miteigentümer der weltberühmten Domaine de la Romanée-Conti, der sich nach 48 Jahren in den Ruhestand verabschiedete) und anderen Pionieren wie Oliver Lamy (Hubert Lamy aus Saint-Aubin), die mit ihren Dichtpflanzungen herausragende Ergebnisse erzielten, der Klaus Peter Keller dazu animierte, es ihnen gleichzutun.
Das erhoffte Resultat: noch bessere Qualität mittels tiefwurzelnder Reben, die auch in trockenen Zeiten ausreichend an Wasser und Nährstoffe gelangen, statt mittels Bewässerung an der Erdoberfläche ihr Wurzelwerk zu schlagen sowie ein besserer Schutz vor der glühenden Mittagssonne. Die optimale Qualität steht nicht überall an oberster Stelle, da man bei dieser Methode letztlich auf enorme Mengen an Lesegut verzichtet. Doch hat Qualität eben ihren Preis, der dann zur Rechenaufgabe wird und den man sich auch leisten können muss. So wird Familie Keller auch nicht müde zu betonen, dass sie diese Exzellenz auch nur deshalb umsetzen kann, weil unzählige Kunden für ihre Projekte schwärmen und diese – dank ihrer langjährigen Treue (man weiß ja, dass man stets die maximale Qualität eines Jahrgangs im Glas hat) – erst ermöglichen. An dieser Stelle wird dann auch klar, warum bei Keller nicht alljährlich dieselben Weine entstehen können. Hier „produziert“ man nicht, sondern folgt der Natur, versucht ihr – frei von den Fesseln der Vermarktung – die schönsten Früchten zu entlocken. Wenn Trauben bildschön und für Kabinett wie gemalt sind, warum dann hieraus ein Großes Gewächs erzwingen oder umgekehrt?
Wir haben gemeinsam im Frühjahr eine Tour mit Felix und Klaus Peter durchs Zellertal gemacht. Das „verfrühte Geschenk“ zum 50. Geburtstag, 0,59 Hektar im Zeller „Schwarzer Herrgott“, der bereits zur Pfalz gehört aber nur rund zehn Minuten vom Weingut entfernt liegt, sieht Klaus Peter als „once in a lifetime“-Chance an. Denn gut 4 Hektar der nur 9,8 Hektar umfassenden Lage sind unverkäuflich, da in kirchlichem Besitz. Durch Aufgabe eines Familiengutes konnte Familie Keller prächtige Parzellen erwerben und die Region somit in die Zukunft begleiten. Bereits im frühen Mittelalter zählte Zell zu den wichtigsten Wallfahrtsorten des Landes. Kaiser Karl der Große pilgerte mit seiner Frau hierher und bat ums Kindesglück, Messweinberge wurden hier gepflanzt. Das berühmte Kreuz, der Schwarze Herrgott wurde inmitten der Weinberge geschlagen. So konnten die eifrigen Mönche dort beten und mussten nicht zum Kloster zurückpilgern. Die verwitterte Christusfigur gab der Lage ihren heutigen Namen. Dieses Tal hat eine fast magische Aura und besitzt bei aller Verwurzelung in der Historie (Riesling aus dem Herrgott wurde bereits 1920 im Berliner Grand-Hotel Adlon serviert) mittlerweile auch klimatisch vielversprechende und zukunftsträchtige Bedingungen. Der Donnersberg hält im Westen Unwetter ab, die Böden halten die Niederschläge, die mit rund 400 bis 500 Millimeter im Jahr gute Reserven liefern und ein konstanter Wind sorgt für eine frische Brise. Wenn man mit den Kellers durch dieses hügelige, ja rampenartige Terrain wandert, bekommt man ein Gespür für die Magie dieses Orts. Der Pioniergeist der beiden weckt allergrößte Hoffnungen für die Zukunft: Man mag sich kaum ausmalen, was uns an fulminanten Weinen und Glücksmomenten ins Haus steht! Diese Aussichten lassen uns jetzt schon innerlich jubeln, sorgen für viele Gespräche und stundenlange Spekulationen: Dieser Traum (und das Versprechen!) eines neuen Weinidylls ist eben auch typisch Keller!
Für das große Ganze sind es die unzähligen kleinen Optimierungen, wie etwa die Umstellung auf den sanften Rebschnitt vor fünf Jahren, das Biegen der Reben statt Schneiden (dazu KPs lässige 007-Hommage: Wie hätten Sie denn ihren Chardonnay gerne? „Gewickelt, nicht geschnitten!“) oder das Ausbringen von Mulch, Kompost und Stroh, um die Feuchtigkeit im Weinberg zu halten, die still im Hintergrund geschehen und das Gesamtbild immer weiter verfeinern. Man ist an das „ewige Gemälde“ erinnert, das der Maler zeitlebens mit immer neuen Pinselstrichen ergänzt, vertieft und perfektioniert. Die Größe der Kellers besteht darin, dass sie ihre Arbeit nie als vollendet, sondern stets als im Fluss und Wandel betrachten (Panta rhei!). Denn „Nur so schmecken die Weine, wie wir es von früher gewohnt sind“. Und nur so erklärt sich, warum sie sich nach wie vor ungebrochener Beliebtheit erfreuen und neue Generationen von Weinliebhabern zu echten Bewunderern machen, die ihnen bei all ihren Projekten folgen. So, wie wir es eben von ihnen gewohnt sind. Wir sind froh, dass Pinard de Picard quasi von Anbeginn mit dabei war – der Jahrgang 2002 war der erste, den wir Ihnen anbieten durften, damals als besonders hell leuchtende Perle des kalkreichen rheinhessischen Hügellands; wir danken hiermit für das jahrelange Vertrauen in unsere Tipps! Was die Erfolgsgeschichte angeht, so hat vieles damit zu tun, dass man hier mit klarem Blick auf die Zukunft hinarbeitet, sich selbst stets hinterfragt und seines Glückes eigener Schmied ist. Denn wenn man nichts dem Zufall überlässt, ist man auch gegen unliebsame Überraschungen gefeit. Gewiss, man vermag nicht zweimal in denselben Fluss zu steigen. Aber das Gefühl, die Aufregung, die Neugier, diese aufs Neue zu erleben, gelingt unserer Familie aus Flörsheim-Dalsheim wie keiner anderen. Und genau hierfür fiebern wir mit ihnen, Jahr für Jahr und Wein für Wein!