Weltklassewein aus einer Weltklasselage: Spätlese sui generis und in jeder Hinsicht überwältigend schön!
95/100 – Vinum Weinguide Deutschland 2025
Bei den doctores Katharina Prüm und Vater Manfred scheint das Maximale zur Selbstverständlichkeit geworden zu sein: Von ihren rund 22 Hektar Steillagen an der Mittelmosel erzeugt das kongeniale Tochter-Vater-Duo Weltklasse-Rieslinge mit einer Zuverlässigkeit, Konstanz und Präzision, dass selbst Schweizer Uhrmacher, die für ihr im obersten Qualitätsbereich schwankungsfreies Arbeiten berühmt sind, neidisch werden dürften. Grundlage dafür sind weltberühmte Lagen wie die beiden Sonnenuhren in Wehlen und in Zeltingen. Das alleine ist es freilich nicht: Es gibt genügend Beispiele dafür, dass aus einem außergewöhnlichen Terroir auch gewöhnliche Weine kommen können. Die Prüms arbeiten ähnlich wie es schon Generationen von Moselwinzern vor ihnen getan haben: Die Güte der Weine wird in den Weinbergen festgelegt, denen die ganze Sorgfalt mit einer naturnahen Bearbeitung gilt. Deshalb ist auch der Keller ein Ort mit beschränktem Zutritt – es heißt, dass ihn noch nie ein Außenstehender betreten habe. Aber die Aufgabe des Kellers ist es nach Meinung der Familie ohnehin lediglich, die einzigartige Qualität des Weinbergs unverfälscht auf die Flasche zu bringen. Prüm baut seine Weine traditionell fruchtig, mit moderater, natürlicher Restsüße aus. Ein Genre, das wohl niemand so beherrscht. Die präzise Säure, ihre vibrierende Art und Mineralität lassen die Weine trockener in ihrem Geschmacksbild erscheinen, das ist die gewollte Stilistik, an der Katharina auch ganz bewusst feilt. Die Weine können unglaublich gut altern, die Säure ist das Lebenselixier in diesen faszinierenden Old-School-Weinen, gerade in Jahren wie 2023. Die Wehlener Sonnenuhr ist die berühmteste und beste Lage des Weinguts mit tiefgründigem, verwittertem Grauschieferboden, einer extremen Hangneigung von 70 % in Süd-Südwest-Ausrichtung. Für den Mosel-Aficionado Stephan Reinhardt (Wine Advocate) bringt die Lage die „sinnlichsten, elegantesten und komplexesten Weine, die überwiegend mit dem Weingut assoziiert werden“. Im Jahr 2023 zeigte sich die Sonnenuhr als wahrer Grand Cru und Vorzugsort für fruchtige Rieslinge. Die spontanvergorene und im Stahltank ausgebaute Spätlese zeigt anfangs die typischen, leicht reduktiven, rauchigen Noten und Schieferwürze – archetypisch Prüm’sche Mosel! Lindenblütenhonig nebst Minze als ätherisch-balsamischer Orgelpunkt, darüber Salzzitronen, Fenchelpollen, Quittenbrot und vegetabile Würze (Borretsch?!). Am Gaumen herrlich dicht, fast cremig, viel Zug und noch mehr Spannung, aber so elegant, so leichtfüßig – hier kommen Größe (und Tiefe) der Lage zum Ausdruck, ihre (hier) so dunkle wie superbe Mineralität, der helle, geradezu „singende“ Säurebogen, Agrumen für ein Mehr an Frische, der subtile attacca-Einsatz der Frucht und ihr Schieferwürze-Kontrapunkt: zum Niederknien! Viel Substanz, auf etliche Jahrzehnte angelegt, diese Sonnenuhr ist ein Paradox, das Kraft und Dichte mit ätherischer Schwerelosigkeit verknüpft, eine eigenwillige Komplexität, die aus Schönheit und Filigranität schöpft. Absolute Weltklasse!
Ab sofort und bis sicherlich über 2050 hinaus.