Vom Plan abgewichen, den Geschmack bereichert: Der erstaunliche Wandel vom Kabinett zum „K“
Ein Mann, der Herrn K. lange nicht gesehen hatte, begrüßte ihn mit den Worten: ‚Sie haben sich gar nicht verändert.‘ ‚Oh!‘ sagte Herr K. und erbleichte.“ Im Gegensatz zu der bekannten Geschichte von Bertolt Brecht haben wir es bei diesem Riesling namens „K“ sehr wohl mit einer Veränderung zu tun – und zwar mit einer erheblichen: Der Winzer Stefan Müller hatte ursprünglich geplant, aus seinen Reben im Krettnacher Altenberg (nicht zu verwechseln mit dem nahe gelegenen Kanzemer Altenberg) einen leichten, klassischen Kabinett zu keltern. Doch der Plan ging nicht auf, denn 2023 verlief der Reifeprozess so rasant, dass das Mostgewicht der zu spät gelesenen Trauben bereits über das Ziel hinausgeschossen war und in Richtung Spätlese tendierte. So blieb für diesen kräftigen, aber im Alkoholgehalt erfreulich moderaten Riesling vom Wort Kabinett nur das „K“ übrig. Dass das geschmacklich kein Nachteil sein muss, sondern ganz im Gegenteil auch ein aus der Art geschlagener „In between“-Riesling mit 39 Gramm Restzucker, der sich den starren Schubladen der Weinbürokratie entzieht, überaus köstlich sein kann, beweist dieser Altenberg Schluck für Schluck: Klar und rein in der Nase mit dem typischen Pfirsichton, nicht nur das Fruchtfleisch, sondern auch die samtige Schale. Dann feine, fast tropische Fruchtaromen, die die Sinne betören. Noten von Zitronen-Chutney und fermentiertem grünen Pfeffer verleihen dem Wein eine einzigartige Würze, während Nuancen von Kies und Salz eine tiefere, mineralische Dimension offenbaren. (Der Krettnacher Altenberg besteht hauptsächlich aus grauem Schiefer und Quarz, sowie aus Diabas, einem seltenen Basalt, der auch im Saarburger Rausch und auf Maximin Grünhaus vorkommt.) Am Gaumen vermitteln die üppige Textur und die rassige Frische eine Balance zwischen Intensität und Leichtigkeit, während sich Aromen von reifer Zitrone und kühlem Kies harmonisch entfalten. Ein Hauch von Feuerstein und eine mineralische Spannung machen ihn unvergleichlich griffig. Die Frucht ist mundfüllend und doch elegant: vollmundig und cremig, mit ausgeprägter Säure und Aromen von reifen, saftigen Äpfeln, die lange im Mund bleiben. Alles in allem ein Riesling, den die Natur zwar in ihrem Sinne verändert hat. Für den sein Winzer aber keineswegs erbleichen muss.
Ab sofort und bis 2033+.
Der Krettnacher Altenberg „K“ 2023 von Stefan Müller ist ein kräftiger, aber im Alkoholgehalt erfreulich moderater Riesling zwischen Kabinett und Spätlese.