Hier rockt der Schiefer!
„Es gibt nur wenige Weingüter mit so unterschiedlichen Böden über nur einen Kilometer Distanz. Ein Geschenk der Natur!“, fasst Carolines Mann, Sylvain Taurisson-Diel, ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal des Schlossguts zusammen. In der Tat: Die Spitzen- Lagen im Weingut Diel erstrecken sich entlang eines Seitentals der Nahe über eine lange Kette unterschiedlicher Weinhänge. Von Westen nach Osten reihen sich der Schlossberg, das Pittermännchen, Goldloch und der Burgberg aneinander. Das „Pittermännchen“ macht hierbei den kleinsten Anteil aus. Nur rund einen Hektar besitzen die Diels hier. Und doch spielt diese Lage – trocken wie süß – eine elementare Rolle im Lagenportfolio. Dieses sprichwörtliche Kleinod in der Kollektion von Caroline Diel zeigt eine verspielt tänzelnde und moselanisch anmutende Seite des Riesling auf. Die Bezeichnung der Lage geht zurück auf das 16. Jahrhundert, als ein „Pittermännchen“ eine kleine Silbermünze war. Diese steile Südlage hat einen sehr hohen Anteil an Schiefer, was den feinrassigen Weinunikaten eine erfrischende mineralische Feuerstein-Note verleiht.
Uns überzeugt wie Caroline hier in einem warmen Jahrgang wie 2022 mit 12 Vol.-% und der konsequent trockenen Vergärung einen filigranen Riesling eingefahren hat, der eben doch die Intensität und Dramaturgie eines Großen Gewächses einfängt. Eine strenge Selektion im Weinberg hat die Grundqualität für dieses einzigartige Große Gewächs gesichert. Nach einem sehr warmen August haben kürzere Regenschauer im Herbst die Situation maßgeblich entspannt, die gewiss gekippt wäre, wenn Caroline, Sylvain und ihr Team nicht Mitte Oktober mit der Lese bereits abgeschlossen hätten. Denn hier setzte dann Regen ein, der die Mostgewichte verwässert hätte und auch für Pilzdruck sorgte. Im Weinberg wurde bereits übers Jahr Vorarbeit geleistet, Einsaaten sorgen für partielle Weinbergsbegrünung, vermehrt setzt man auch auf Getreide, weil dies zwischen den Rebzeilen für natürliche Abdeckung sorgt, aber auch weniger Wasser für sich beansprucht.
Liebhaber mineralischer Rieslinge mit moselanischer Finesse und Eleganz, die nicht unbedingt barocke Gewächse oder Pfälzer Schmusekätzchen zu ihren Favoriten zählen, werden mit diesem fokussierten Wein, der eindrucksvoll demonstriert, wie sensationell gut auch extrem trockene Rieslinge von Schieferböden schmecken können, eine große Freude haben. Allein der Duft, eine Ansammlung von warmem Schiefer, etwas Steinfrucht (allen voran Aprikosen) sowie ein Hauch Limettenschale – herrlich! Am Gaumen sind alle Regler in Richtung „high voltage“ gedreht: Die Spannung des „Pittermännchens“ ist enorm! Auch hier trägt gerade die Grundreife des Jahrgangs zum Tiefgang des Rieslings bei ohne ins Exotische abzudriften, da hier kein Gramm Fruchtzucker bei der Vergärung übergeblieben ist. Das macht den Wein engmaschig, zieht ihn mehr in die Länge, wo er mit weißen Johannisbeeren und Zitrusabrieb aushallt. Ein tänzelnder Wein, der auf eindrucksvolle Art zeigt, welch Dynamik die Liaison zwischen Schiefer und Riesling ergeben kann.
Das Große Gewächs vom Pittermännchen ist bereits nach 2–3 Jahren Flaschenreife ein Hochgenuss, besitzt allerdings bei guter Lagerung Potenzial für zwei Dekaden.
Pittermännchen: Der Schiefer sorgt für tänzelnde Rieslinge, bringt aber die Komplexität für ein Großes Gewächs mit. Grandioser 2022er vom Schlossgut Diel!