Meisterhaftes Zusammenspiel von Frische, Charme und steinigem Ausdruck
96/100 – James Suckling
Von den Großen Lagen Dorsheimer Pittermännchen und Goldloch keltert Caroline Diel nicht nur Große Gewächse, sondern auch feinfruchtige Kabinett-Weine vom Riesling: Die Weinberge und Terroirs, die zu den besten und am höchsten dotierten der Nahe zählen, und die verspielte, feinfruchtige Stilistik der Kabis gehen bei der Winzerin eine grandiose Symbiose ein: Es sind scheinbare Gegensätze, die sich spätestens im Glas aufheben und auch das gängige Klischee entkräften, dass Weine mit diesem Prädikat und dem bekannten Säure-Süße-Zusammenspiel, das manchmal an eine Schorle erinnert, ein etwas profanes und oberflächliches Vergnügen sein können. Caroline Diel dagegen verbindet dabei wie wenig andere aus ihrer Branche Seriosität und vergnüglichen Genuss auf hohem Niveau. Die ernsthafte Seite repräsentiert dabei die steinige Signatur des Terroirs: Das Goldloch ist ein imposanter Weinberg mit bewegter Geschichte, um den sich einige Mythen ranken: Eine Legende besagt, dass hier schon mit Erfolg nach Gold gegraben wurde. Eine andere bezieht sich darauf, dass Weine aus dem Goldloch vor über 100 Jahren höhere Preise als die berühmten Gewächse von Château Latour erzielt haben sollen. Die Lage wurde im Rahmen einer preußischen Grundsteuerkartierung schon 1901 in die höchste Kategorie eingestuft, auch der VDP hat diese Klassifizierung noch einmal bestätigt. Das zehn Hektar umfassende Goldloch zieht sich auf 210 Meter hinauf, der Hang mit einer Neigung von bis zu 55 % fällt steil ab: Wer hier arbeitet, sollte nicht schwindelanfällig sein! Die Rebstöcke wachsen auf Urgesteinsböden aus der Permzeit mit einer dünnen Lehmauflage und einem hohen Anteil an Kieselsteinen. Mit einer Rebfläche von gut fünf Hektar hält das Schlossgut den größten Anteil in der Dorsheimer Steillage. Die Trauben wurden nach bewährter Methode punktgenau mit den passenden Mostgewichten eingebracht, schonend gepresst und spontan im Edelstahl vergoren und ausgebaut, ein kleiner Anteil reifte in gebrauchten Stückfässern aus Eiche. Die Nase zeigt sich nuanciert mit Noten von frischer Maracuja, weißem Pfirsich und Ananas, auch gelbe Grapefruit und Stachelbeere, frischer Thymian. Auch die typischen rauchigen Anklänge von Feuerstein mischen mit. Im Mund sehr saftig, zunächst mit gelbfruchtigen Noten, Aprikose und Pfirsich, geschmeidige Textur und mit beachtlicher Dichte, der kompakte Extrakt löst sich elegant auf, die Fruchtsüße ist perfekt bemessen und wirkt kein bisschen aufdringlich, die feinnervige Säure gibt wie ein Kompass die Richtung vor, guter Zug, spielerische Kraft und Eleganz. Wenn man den Wein plastisch darstellen würde, entstände eine kraftvolle und doch filigrane Form. Am hinteren Gaumen mit zitrischem Eintrag, Grapefruit, Mandarine und Kumquats, kräuterig, im Finale auch rauchig und salzig, nasser Kieselstein. Das ist die große Kabinett-Kunst, die Unbeschwertheit mit Spannung und der Mineralik des Goldlochs nahtlos ineinanderfügt!
Bereitet vom ersten Schluck an viel Genuss, wird dieses Level über die nächsten 15 bis 20 Jahre halten.
Diels feinfruchtiger Kabinett-Riesling von 2023 aus dem Dorsheimer Goldloch kombiniert meisterhaft Unbeschwertheit, Spannung und Mineralik!