Ein Kabinett mit gigantischer Mineralität – aus der Toplage Klamm kommt ein großartiger Weinwert
Eine – von uns außerordentlich geschätzte – Besonderheit des Weinbaus in Deutschland ist, dass die meisten Erzeuger eine zur Unübersichtlichkeit neigende Vielzahl an Weinen keltern und abfüllen. Die Rechnung ist dabei simpel, sie lautet: Wir multiplizieren die Anzahl der Rebsorten mit der Anzahl der Lagen unter zusätzlicher Berücksichtigung des Restzuckergehalts. Denn ja, es stimmt: Manche Rebsorten gibt es in den Ausbaustufen trocken, Kabinett und Spät- oder Auslese. Die ganz hohen Klassifizierungen wie Beerenauslese, Trockenbeerenauslese und Eiswein klammern wir einmal aus! Für Leute, die es beim Weinkauf einfach haben wollen – aber wer möchte das schon? Die Befassung mit der Materie ist doch der halbe Genuss! – sorgt das ab und an für Verwirrung. Wir jubilieren jedoch und freuen uns von Herzen, dass die genialen Dönnhoffs uns gleich mit drei fantastischen Riesling Kabinett-Weinen verwöhnen über die Helmut bei unserer Verkostung in Verzückung geriet: „Die Kabis sind dieses Jahr analytisch nahezu identisch, geschmacklich ergeben sich aber stets andere Welten, daran hab’ ich meinen Spaß!“. Es überrascht daher nicht, dass sie Preislich alle auf einem Niveau – und das heißt: maximal erschwinglich! – ausfallen. Also ab in den Keller mit dem Trio!
Den klaren, fast puristischen Leistenberg gibt es nach einem schönen Menü zur Erfrischung und zum Entspannen der Geschmacksnerven, den geschmeidigen-saftigen Krötenpfuhl öffnen wir an einem gemütlichen Abend zu zweit und den Klamm, wenn man sich einem Wein einfach mal in Ruhe hingeben möchte, um seine ganzen Nuancen, seine Ecken und Kanten, seine individuelle Art zu erkunden und zu verstehen.
Dieses als Große Lage klassifizierte Gewann befindet sich in direkter Nachbarschaft zur legendären Hermannshöhle. Der alte Name Klamm beschreibt die Landschaft und bezeichnet einen tiefen Einschnitt in die Felsen des Berges – wer ab und an in Bayern oder Österreich wandert, weiß ohnehin, was gemeint ist. Die Böden der sehr steilen Rebberge sind vor allem von vulkanischem Gestein geprägt, das mit schiefrigen Elementen durchmischt ist. Die Reben sind zwischen 15 und 35 Jahre alt, der Ertrag liegt bei rund 40 Hektolitern pro Hektar, das ist ein bescheidener Wert, gelesen und selektiert wird von Hand. Die Vergärung und Reifung findet in kleinen Edelstahlfässern statt. Der Wein duftet sehr würzig und ungemein mineralisch. Nasser, heißer Stein ist dabei, aber auch Zündholz, dann süße Mandarine, Limettenabrieb, Aprikose und ein Hauch Papaya. Das ist faszinierend wild und schön. Am Gaumen dann eine umwerfende Saftigkeit, der Wein ist sehr dicht, aber dennoch ungemein elegant, die Säure packt zu, dann kommen reife Früchte mit roter Grapefruit, leicht süßer Yuzu, Orangenblüte, dazu eine Spur Waldmeister: welch Reichtum! Der Klamm hat eine immense Spannung, da ist ganz viel Zug und Druck – und eine extrem tiefgründige Mineralität. Ein großartiger Kabinett für Fortgeschrittene mit toller Länge, ein Wein, der extrem gut reifen wird. Unbedingt probieren!
Ab sofort und bis 2040.
Dönnhoffs großartiger Kabinett-Riesling aus der Niederhäuser Klamm von 2023 bietet Kabinett-Vergnügen für Fortgeschrittene.