Hochleistungssport im Stromberg: kärger, steiler und älter geht es nicht!
98/100 – James Suckling
96-98/100 – Vinous
Peu à peu haben unsere „Flintstones von der Nahe“ hier in den letzten Jahren die Filetstücke in dieser jähen Felswand gekauft, die Bodenstruktur und die alten, teilweise wurzelechten Reben liebevoll „restauriert“. Tim: „Der Stromberg ist von unseren Vulkangesteinterroirs mit Abstand der steilste, felsigste und kargste Berg. Man findet hier quasi keine Feinerde. Die uralten Reben sind mittlerweile bis zu 90 Jahre alt. Genau dieser felsige und extreme Charakter spiegelt sich auch im Wein wider. 2011 habe ich die Lage erworben, und schon ab dem Folgejahrgang gab’s perfekte Trauben, die Großes-Gewächs-Niveau hatten!“
Der Kreis schließt sich, erinnerten Tim die perfekten Trauben der Lese 2023 doch absolut an 2011, einem Jahrgang mit idealen Bedingungen! Mittlerweile ist mehr als eine Dekade vergangen und Tim Fröhlich, ein Sportsgeist wie er im Buche (und auf dem Platz) steht, hat nicht nur die Erfahrung eines Dutzend weiterer Lesen im Gepäck, sondern auch im Weinberg wie im Keller und der Abfüllung weiteren Feinschliff betrieben. Das Schrauben und der sportliche Wettbewerb waren schon in der Jugend pure Leidenschaften in denen er aufgehen konnte. Im Wein findet all dies seinen Ausdruck. Im Stromberg, der extrem kargen und steilen Vulkangesteinlage, haben wir wohl die größtmögliche Verdichtung der Schäfer-Fröhlich-DNS im Glas. Denn hier treffen weinbauliche Extreme auf Tims kompromisslosen Ausbau sowie seine akribische und nie ermüdende Art jeden Wein im Keller täglich aufs Neue zu verkosten um so die besten Parzellen zu verheiraten. Dieser Wein ist daher das Nirvana für Fans des Schäfer-Fröhlich-Stils. Pur, unkonventionell, das steinige Terroir im Vordergrund, die Rebsorte lediglich als Lieferant des grandiosen Vulkangesteinterroirs der Steillage. Noch expressiver und stürmischer als Halenberg oder Frühlingsplätzchen, ausladender als das Felseneck. Immer das Große Gewächs, das die meiste Zeit im Keller und auf der Flasche benötigt – ein Potenzialwein erster Güte!
Der Jahrgang 2023 zeigt sich im Bouquet mit reduzierter Frucht. Die Tiefe ist überwältigend, auch wenn sich der Wein im Charakter eher geradlinig zeigt. Die Textur ist kraftvoll und zugleich reduziert. Eukalyptus, rauchige Noten und etwas Pfirsichfrucht lugen hier hervor. Am Gaumen besitzt der Stromberg von allen Großen Gewächsen die cremigste und komplexeste Textur. Im Nachhall bahnen sich mild Passionsfrüchte an, die dann in eine zitrische Frische übergehen und so minutenlang aushallen. Die Frucht wirkt hier gletschern, die Säure leitend aber nicht zu bissig. Der Stromberg ist dicht gepackt und von dunkler Mineralität geprägt. In dieser steinig-kargen Lage werden die Trauben nie so goldgelb wie beispielsweise im Felsenberg. Drum zeigt sich dieses Große Gewächs von stahliger Markanz und Spannung. Tim liest hier seine Trauben, wenn sie noch etwas grünlich Schimmerndes haben und eine straffe Schale besitzen. Doch sie müssen physiologisch reif sein und auch Komplexität besitzen. Probiert man diesen Wein, kann man im Geiste die makellosen sehen! Doch Stromberg ist bei aller Schwärmerei kein Charmeur, war er noch nie. Er will auch keiner sein, mit seiner würzig, impulsiven Art. Ein vom Gestein beherrschter Wein, der vom Klang der vulkanischen Mineralien aus den Tiefen des Bodens erzählt. Sie verleihen ihm sein unverwechselbares Profil.
Dieser in seiner Stilistik völlig eigenständige Riesling wird, ähnlich wie Kellers Morstein, so manchen Weinnovizen nach der Degustation ein wenig ratlos zurücklassen: Keine Spur von vordergründigen Fruchtaromen, stattdessen brilliert dieser noble Wein mit einer tiefgründigen, strahlenden Mineralität. Wir schon erwähnt: Die großen Weine aus dem Hause Schäfer-Fröhlich sind Kunst. Und Kunst bewegt das Individuum, wühlt auf, kann irritieren, will dabei bewusst nicht jedem gefallen. Das unterscheidet sie im Übrigen vom Mainstream und den je nach Nachfrage beliebig skalierbaren Produkten, die unsere Bedürfnisse erfüllen, nicht aber die Seele berühren. Tims Stromberg berührt die Seele. Er ist ein archaischer „Ursprungswein“, von dessen Kaliber es viel zu wenige gibt. Das ist Herkunft. Ein Schluck dieses raren, noblen Rieslings gleicht einer Reise zu den Ursprüngen von Geschmack und Terroir. Stromberg pur!
Zu genießen ab sofort, bitte atmen lassen, Höhepunkt wohl 2028 bis mindestens 2048.
Stromberg Großes Gewächs 2023 (Nahe): Dieser Wein ist das Nirvana für Fans des Schäfer-Fröhlich-Stils. Riesling-GG für Puristen!