Frühlingsplätzchen und Schönlebers: eine perfekte Symbiose. 98 Punkte – JAMES SUCKLING
Die 24,81 Hektar vom VDP als Große Lage klassifizierte Rebfläche im Frühlingsplätzchen, eine der besten Lagen der gesamten Nahe, besitzen einen legendären Ruf. Die Charakterisierung der Weine, welche die Lage hervorbringt, stammt allerdings aus einer Zeit, in der im deutschen Weinbau noch ein regelrechter Fokus auf die Reifewerdung der Trauben bestand und Qualität in Oechsle-Graden gemessen wurde. Natürlich gilt es auch heute noch physisch reife Trauben zu lesen. Doch arbeiten die Winzer auch aufgrund der klimatischen Veränderungen eher gegen eine Überreife an, soll Riesling doch weiterhin seinen vibrierenden Charakter bewahren.
Immer und immer wieder hat das Frühlingsplätzchen in zahlreichen Blindproben gereifter Großer Gewächse bei Kritikern und auch hier bei unserer jährlich durchgeführten „Ten years after“-Probe der besten Großen Gewächse bewiesen, dass es absolut auf Augenhöhe mit dem Halenberg einzustufen ist. Denn das Frühlingsplätzchen steht oft nach über zehn Jahren Reife am filigransten und zartesten da, beeindruckt dann ob des jugendlichen Stadiums und der Feinheit am Gaumen.
Frühlingsplätzchen. Allein diese Lagenbezeichnung strahlt etwas Leichtes und für viele auch Feminines aus. Ein zarter Lagenname, der auch so wunderschön dem Charakter dieser Monzinger Paradelage entspricht, die voller Charme und Seidigkeit sowie einer unerreichten Leichtigkeit wunderschöne Attribute für trockenen Riesling ausstrahlt. Diese Lage, die von rotem Schiefer und tiefgründigem roten Lehm geprägt ist, die sich am Ortseingang Monzingens entlang der Bundesstraße erstreckt und mit ihrer rampenförmigen Auslegung beeindruckt, präsentiert sich in der Jugend stets offen und charmant. Dieser expressive und leichte Charakter hat manch Fehlurteil ergeben. Gegenüber dem stets kraftvolleren und monolithischeren, da so dunkel wirkendem Halenberg, wurde den Weinen aus dieser Lage gelegentlich ein kürzeres Potential zugeschrieben. Welch ein Irrtum! Dabei hat das Frühlingsplätzchen über die Jahre stets mehr an Kontur und Präzision gewonnen, sodass wir heute, und um die Erfahrung gereifter Jahrgänge reicher, von zwei ebenbürtigen Lagen sprechen. Ja, manchmal, speziell in wärmeren Jahrgängen, hat es das Frühlingsplätzchen aufgrund der besseren Wasserversorgung sogar leichter und damit ein wenig die Nase vorn!
„Die alte Formel, dass das Frühlingsplätzchen feminin und fruchtiger ausfällt, der Halenberg maskuliner und steiniger, stimmt einfach nicht mehr!“ stellt Frank Schönleber bereits seit einigen Jahren fest. Über die Zeit näherte sich die Lage in ihrer Würzigkeit uns Seriosität den dem Halenberg zugeschriebenen Attributen an. Hierfür sieht der Winzer gleich mehrere Gründe: „Die Böden denen das Frühlingsplätzchen mittlerweile entspringt sind steiniger und von weniger lehmreichen Parzellen als noch vor 15 bis 20 Jahren. Zudem sind die Erträge niedriger. Das hat die Lage von der Frucht weg und hin zu mehr Würze gebracht.“ Auch hat das Frühlingsplätzchen gegenüber dem Halenberg mittlerweile in trockenen Jahren deutliche Vorteile. Es verhält sich ein wenig wie bei Theresa Breuers Schlossberg zum Nonnenberg. Es überrascht daher nicht, dass viele Kenner die vermeintlich „kleineren“ Lagen gar bevorzugen, bescheinigt uns doch auch Frank, dass sein Frühlingsplätzchen „mit den Veränderungen, die uns bevorstehen, extrem gut zurechtkommt.“ Vielleicht ist es Zeit für eine Stabübergabe, eine Neubewertung, ja eine neue Retypisierung der beiden Lagen? Klar ist: Der Mythos vom fruchtig-expressiven Frühlingsplätzchen ist ein Relikt alter Tage, eine beibehaltene Tradition, die mit dem heutigen Wein keine Gemeinsamkeit mehr hat. Das Frühlingsplätzchen muss neu gedacht werden und wir uns von der tradierten Vorstellung des fruchtbetonten Rieslings jener Lage befreien. Das Ergebnis ist ein Riesling, der nochmals an Charakter und Größe gewonnen hat, der auch wieder 2023 seine einzigartige Güte besitzt (bei Schäfer-Fröhlich zählt dieses Jahr beispielsweise erneut von allen Großen Gewächsen das Frühlingsplätzchen nebst dem Felseneck zu unseren persönlichen Favoriten!). Wir haben gemeinsam mit Werner und Frank im kühl-feuchten Keller alle gebrauchten Fässer probiert, in denen dieser magische Riesling zwischen 1.200 Liter und 3.000 Liter Gebinden ausgebaut wird. Er wird erneut angenehm würzig und trocken ausfallen, besitzt dabei eine griffige und elektrisierende Struktur, die immer in der finalen Assemblage aller Einheiten und Parzellen ihre größte Harmonie findet. Der Fokus liegt auf Würzigkeit, leicht gelber Frucht, allerdings ohne exotische Steinobstnoten und zeigt einen äußerst vielversprechenden Riesling, der gegenüber dem etwas tieferen aber auch kraftvolleren, ja dunkleren Halenberg ein klares Profil zeigt. Welchen dieser Paradeweine man letztendlich schätzt, bleibt eine Frage der persönlichen Präferenzen und nicht selten eine Momentaufnahme. Für uns gehören beide Weine seit jeher zu den absoluten musts, es sind die beiden großen Weine, für die Vater wie Sohn stehen, kein anderes Weingut hat sie stärker geprägt, definiert und öfter in Idealform zu fassen bekommen!
Zu genießen ab sofort, Höhepunkt wohl ab 2027 bis nach 2048.
Emrich-Schönlebers Riesling-GG Frühlingsplätzchen zählt zu den ganz großen Rieslingen von der Nahe. Ein evergreen und blue chip unter den Großen Gewächsen.