Er wird immer größer, immer präziser, dieser „kleine Bruder!
92/100 – Falstaff
Noch immer gilt Weißburgunder als der kleine, leichte, säurebetonte Bruder des meist opulenteren Grauburgunders. Diese weit verbreitete Annahme ist nicht ganz falsch, handelt es sich beim weißen doch tatsächlich um eine Mutation des grauen Burgunders (der seinerseits wiederum eine hellere Variante des Spätburgunders ist). Doch ganz richtig ist dieses Pauschalurteil natürlich ebenso wenig, gibt es doch kräftige, füllige und verhältnismäßig säurearme Weißburgunder, die es jederzeit auch mit ihren großen Brüdern aufnehmen könnten – wie diesen hellgolden leuchtenden „Kalkgestein“ des Südpfälzer Burgunder-Spezialisten Friedrich Becker. Dass es rund um den Globus besonders die Burgundersorten sind, die sich auf kargen Kalkböden am besten entfalten, ist in der Weinwelt allgemein bekannt: Kalk ist gewissermaßen die Basis der Fruchtbarkeit, weil er die Auswaschung von Nährstoffen verringert und somit das Nährstoffangebot im Boden erhöht. Überdies bringen Böden mit Kalkgehalt stets besonders klare, präzise, mineralisch geprägte Weine hervor. So erklärt sich auch, warum dieser Weißburgunder „vom Kalk“ so viel üppiger, gehaltvoller, runder und geschmeidiger ist als, sagen wir, Beckers Weißburgunder-Gutswein (der teilweise von Lehmböden stammt). Mehr Körper, mehr Struktur und intensivere Aromen entstehen hier auch durch die ungewöhnlich lange Maischestandzeit der vollständig entrappten Trauben – ein Herstellungsverfahren, das der junge Fritz Becker während seiner Ausbildung bei dem großen Emmerich Knoll in der Wachau zum ersten Mal sah und seither für sich adaptiert hat. Das Ergebnis ist reif und dicht in der Nase, mit Aromen von Weinbergpfirsich, Birne, dazu leicht saline Noten, etwas Toasting vom Holz und eine Spur Rauch. Zur Cremigkeit am Gaumen trägt der biologische Säureabbau bei, der die härtere Apfelsäure in die mildere Milchsäure umwandelt. Der Ausbau erfolgt in Stückfässern, Doppelstückfässern und Barriques, bei einem Neuholzanteil von etwa 50 %. Ein kraftvoll fokussierter, spannungsgeladener Weißburgunder mit unglaublich viel Druck und Zug, der an die Eleganz eines großen (nicht allzu fetten) Chardonnay erinnert. Und der sich vor seinem „großen Bruder“ Grauburgunder bestimmt nicht verstecken muss.
Ab sofort mit Luft und großen Gläsern, ideal bis 2032+.
Vom Weingut Freidrich Becker in Schweigen kommt dieser vom Kalk geprägte Weißburgunder, idealtypisch für einen Wein dieser Rebsorte aus der Pfalz.