Seckinger
Deidesheim Kieselberg „wurzelecht“ Riesling trocken 2021

„Der Kieselberg ist auch 2021 für uns das Höchste der Gefühle.“ – Jonas Seckinger

Es gab Zeiten, in denen konnte man von einer Pfälzer Schule großer Rieslingweine sprechen. Weine wie die von Bernd Philippi oder Hans-Günther Schwarz waren und sind Legende. In dieser Tradition, aber natürlich mit Ansätzen und dem Wissen von heute, bewegen sich Winzer wie Nicola Libelli von Dr. Bürklin-Wolf, Andreas Schumann von Odinstal oder eben auch Jonas Seckinger, bei dem seine Liebe zu den Weinen des Jura als stilistische Ergänzung noch hinzukommt. Der „Kieselberg“ wirkt immer am deutlichsten wie ein Echo aus der Periode der Pfälzer Klassik. Es ist ein berührender Wein, der für uns die große Riesling-Tradition der Mittelhaardt und den früher in Deutschland üblichen Ausbau mit spontaner Vergärung und langem Hefelager auf der Vollhefe in großen Holzgebinden verkörpert. Jonas verbindet all das mit einer verlängerten Maischestandzeit, die vor 100 Jahren auch schon angewendet wurde, wenn es notwendig war, nur dass sie nicht den Ruch hatte, „hipsteresk“ zu sein. Die Maischegärung wendet Jonas Seckinger an, um dem Riesling ein wenig die Säurespitzen zu nehmen, die die Trauben in die Kelter bringen, da sie von einem kühlen Hochplateau stammen, in dem die Reben noch wurzelecht in den Buntsandstein, das Kieselgeröll und den Lehm gepflanzt wurden, der eine Sandauflage hat, weshalb das mit den wurzelechten Reben überhaupt Sinn gemacht hat, weil sich die Rebläuse dort nicht halten.

Diesen Wein sollten Sie, falls Sie ihn jetzt schon öffnen, um sich seiner Jugend hinzugeben, nach und nach karaffieren und über Tage hinweg auf sich wirken lassen. Es ist ein Wein, der vom ersten Moment an eindringlich ist und bewegt. Er duftet fein und elegant nach Rauchwerk und Gestein, knackigem Kernobst und Agrumen, vor allem nach Mandarinen samt Schalen, Ananas und Aprikosen, Petrichor und etwas Hopfen. Das eigentlich Faszinierende aber erwartet Sie am Gaumen. Dort wirken die glasklare Säure und die helle Frucht eigentlich tänzelnd leicht. Doch der Riesling besitzt andererseits so viel Extrakt und Phenolik, dass er gleichzeitig zutiefst geerdet erscheint. Dazu offenbart der „Kieselberg“ eine seidene Textur, wirkt salzig animierend und saftig, komplex und vielschichtig und so in sich ruhend, als würde er tatsächlich mit den alten Großen Gewächsen der 1980er korrespondieren. Dass die Seckinger-Brüder einen der spannendsten Weinbaubetriebe der Pfalz gegründet haben, ist klar. Dass sie, von einem hohen Niveau aus startend, jedes Jahr eine noch bessere Kollektion veröffentlichen würden, konnte man sich nur wünschen. Dass sie sich, und allen voran Jonas Seckinger, aber in einem so verflucht kühlen und feuchten Jahr wie 2021 noch einmal übertreffen und so konsequent und stringent ihren Stil weiter ausbauen würden, das konnte man nicht erwarten. Das zeugt einfach von einer Klasse, die wir so in Deutschland nur bei ganz wenigen Weingütern antreffen.

Ab sofort und bis sicherlich 2040. Momentan unbedingt noch und gerne mehrere Tage lang karaffieren.