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Warum der Hipping ein Wein der Gegensätze ist. 98 Punkte – JAMES SUCKLING
Wie ein Parabolspiegel vereinen die beiden Parzellen von Carolin und H. O. Spanier beide Facetten des Hippings. Sie stehen sich nämlich als Nord- und Südhang direkt gegenüber, unweit entfernt von der Lagen-Markierung, die hollywoodartig in weißen Buchstaben in der Großen Lage steht. Erst durch Vermählung beider Parzellen entsteht ein großer Wein, der in der Aromatik und durch die beiden Ausrichtungen der Lage bestens balanciert ausfällt und so die eigentliche Dramaturgie des Weins offenbart. Das erinnert uns an ein Zitat Vincent van Goghs, der in einem Brief an seinen Bruder Theo am 26. August 1882 schrieb: „Es sind Harmonien und Kontraste in den Farben verborgen, die ganz von selbst zusammenwirken“.
Doch blicken wir genau auf den genius loci dieses großartigen Rieslings: Der Hipping, ein wahres Kleinod, liegt an sehr exponierter Stelle des Roten Hanges, dort wo der Südosthang mit dem Südhang zusammentrifft. Wie ein rotes Band tritt das ca. 280 Millionen Jahre alte Urgestein aus Tonschieferfels bei Nierstein an die Erdoberfläche. Der karge Urgesteinsboden speichert die Wärme des Tages, während die kühlen Nachtwinde der Seitentäler einen spannenden Kontrapunkt setzen. Zusammen mit dem Einfluss des an seinem Fuße dahingleitenden majestätischen Rheins und den unterirdischen Wasseradern macht das den Rotschiefer zu einem einzigartigen Mikrokosmos, einem der außergewöhnlichsten Terroirs weltweit.
Und dieses singuläre Mikroklima kann der Riesling wie keine andere Rebsorte in die Flasche übersetzen und lässt hier unvergleichbare, emotional packende Weine entstehen. Diese Position im Rotliegenden zwischen den Lagen Brudersberg und Oelberg bedingt, dass hier vorzügliche Wachstumsfaktoren vereint sind. Die Wärme des seeartig erweiterten Rheins, die intensive Sonneneinstrahlung in geschützter Lage und der stark verwitterte rote Felsen-Schiefer des Steilhanges lassen kleine Rieslingtrauben von intensivem Geschmack gedeihen. Die Konsequenz: Große Rieslinge voller Mineralität und dem Ausdruck ihres speziellen Bodens. Die außergewöhnliche Qualität dieser deutschen Spitzenlage blieb auch dem englischen Königshaus nicht verborgen, das seit Jahrzehnten dem Hipping zutiefst verbunden ist.
Hipping 2022: Anders als Klaus Peter Kellers eher tänzerische Interpretation zeigt dieser Hipping mehr Kraft und Schmelz, ist dabei allerdings stets von der Würzigkeit des roten Schiefers geprägt. Mit Kühling-Gillot und Keller an der Spitze dieser Lage rückt dieses traditionsreiche Stückchen Erde immer mehr in den Fokus vieler Liebhaber. Und uns ist es auch eine große Freude, bei der Präsentation der Großen Gewächse alle Hipping-Interpretationen zu vergleichen. Der Jahrgang 2022 betont die Kraft der Lage, zeigt sich als horizontaler Riesling, der zusätzlich enorme Spannung am Gaumen erzeugt und die gelbpflaumig-zitrische Frucht wie eine Marmorkugel gleiten lässt. Ein Riese, der Zeit braucht (wir befürworten daher H. O.s Entscheidung, dass der Hipping ab dem Jahrgang 2022 noch ein weiteres halbes Jahr im Keller des Gutes schlummert als bisher) und zu den ganz großen Weinen der Kollektion zählt. Fleischig, vielschichtig und voller Facetten aber niemals plump, sondern von majestätischer Ausstrahlung geprägt. Hier kommen augenscheinlich die Gegensätze der beiden Parzellen zur Geltung.
Das sind die Gegensätze, die beide Parzellen des Hippings widerspiegeln und diesen genialen tiefgreifenden Riesling auszeichnen. Ein ausladendes Großes Gewächs, präzise und doch umarmend, tief und komplex und doch vibrierend leicht am Gaumen.
Ab Freigabe im Herbsts 2023. Höhepunkt wohl ab 2028 bis 2045.
Kühling-Gillots Riesling-GG Hipping: fulminant und „absolut atemberaubend im geradezu gefährlich energetischen Finish“ (JAMES SUCKLING)!