Garnier & Fils
Chablis, blanc 2022

Natürlichkeit des Top-Jahrgangs erhalten

Für die nördlichste Weinregion im Burgund war der Jahrgang 2022 ein Labsal nach den Frostschäden des Vorgängerjahres; weder Frost noch Trockenheit (vor allem ab Mai) konnten der Erntemenge etwas anhaben. Die Trauben bekamen nahezu alles zur richtigen Zeit, was in der exponierten Weinbauzone wichtig für die Qualität ist. Noch wesentlicher aber ist ein solcher Jahrgang für Winzer wie Xavier und Jérôme Garnier. Denn die beiden Brüder leben den „profunden Respekt für die Weingärten und das Gleichgewicht der Natur“, wie sie selbst es nennen. Mit ausschließlich natureigener Hefe wird vergoren und der lange Kontakt der Weine mit der Feinhefe prägt seit jeher den Stil der Brüder. Als weitere Zutat ihres minimal-invasiven Wein-Credos kommt der Einsatz großer Fässer (600 Liter) hinzu, die einem einzigen Zweck dienen: „Die Mineralik, die Abgerundetheit und das Fett des Terroirs zu erhalten, von dem dieser Wein stammt“. Das Bekenntnis zu Cremigkeit lässt sich sofort erkennen, man sollte aber zuvor erwähnen, dass „fett“ (gras) bei den Garniers nie etwas mit Alkohol zu tun hat, sondern mit Substanz. Geschmacksträger ist diese Textur allemal – und das macht schon ein oberflächlicher Kontakt mit ihrem Chablis ohne Lagenbezeichnung klar: Die Fruchtnoten dieses Weins ziehen vor der Genießernase vorbei wie Bilder eines Panoptikums: Anfangs herb-säuerlich nach Quitte, Rangpur-Limette und Grapefruit, dreht sich der Reigen einmal weiter und man denkt an Honigmelone und Birne Helene. Ehe, kurz weitergedreht am Aromen-Rad, die Vanille-verbrämte Exotik an Fahrt aufnimmt. Da duftet der 2022er aus Ligny-le-Châtel dann plötzlich nach Sternfrucht (Karambole) und Kaki. Am Gaumen reihen sich die gelben Früchte ebenfalls auf wie in einer Obst-Boutique. Melone, erneut viel saftige Birne, aber auch ein Quäntchen Weingartenpfirsich sind zu schmecken. Immer aber ist das „zitrische Geflecht“ (© Xavier und Jérôme Garnier) spürbar, dass die satteren Eindrücke zusammenhält. Vor allem im Nachklang merkt man auch die Mineralik des Chablis, ein zarter Rauchton mengt sich unter die Fruchtigkeit. Man denkt an eine geflämmte Zeste, mit der ja gerne Cocktails ihren finalen Schliff erhalten. Und auch bei dieser Mischung aus Terroir und Winzerkunst setzt zitroniger Rauch den Schlussakkord!

Ab sofort bis 2030.