Ein kleines Stück Land, knapp 90 Jahre alte Reben und ein wunderschöner, leider rarer Wein!
91-92/100 – Inside Burgundy
Einer der rarsten Weine der Tardy’schen Kollektion ist der Pinot Noir aus der Lage „Au Bas de Combe“. Die Familie besitzt zwar 0,45 Hektar dieses herrlichen Weinbergs, doch das Alter der Reben – sie wurden 1937 gepflanzt, weshalb der Wein den Zusatz „Vieilles Vignes“ trägt – führt zu geringen Erträgen von meist unter 30 hl/ha. Dieser Pinot Noir aber gehört regelmäßig zu den schönsten des Hauses, was an der Qualität des lehm- und kalkhaltigen Terroirs liegt, an den alten Reben und auch an der besonderen Arbeitsweise von Guilleaume. Der stellt seit 2021 auf biologischen Anbau um, liest recht früh, entrappt alle Trauben, lässt die Beeren aber ganz und beginnt mit einer kühlen Vorvergärung, in der diese schon intrazellulär zu vergären beginnen wie bei einer „macération semi-carbonique“. Danach werden 35 % gequetscht und die Gärung wird auf natürliche Weise durch mehr Wärme eingeleitet. Der Ausbau erfolgt in 40 % neuem Holz und zu 60 % in gebrauchten Fässern.
Seit Jahren erlebt Nuits-Saint-Georges zudem einen Aufschwung, der unter anderem mit dem Klimawandel zu tun hat, wovon „Au Bas de Combe“, in direkter Nachbarschaft zu den Cru-Lagen „Les Chaumes“ und „Les Réas“ an der Grenze zu Vosne-Romanée gelegen, deutlich profitiert. Die Ausgewogenheit dieses Weines aus dem Jahrgang 2022 ist begeisternd. Und anders als der Vosne-Romanée Vigneux oder der Nuits Saint-Georges 1er Cru Aux Argillas, die mehr Zeit im Keller benötigen, präsentiert sich der „Au Bas de Combe“ schon jetzt als ein Pinot Noir, den man mit etwas Luft in vollen Zügen genießen kann. Er ist ein kirschroter Wein von mittlerer Transparenz und voller Anmut. Der Pinot duftet nach süßen und säuerlichen Kirschen und Himbeeren mit einer verführerischen Note von Zimt und feinem Holz, etwas Gestein und Unterholz. Das wirkt fast so fein, wie man es von einem Musigny erwartet, zeugt aber gleichzeitig von einer Kraft, für die vor allem das benachbarte Vosne bekannt ist. Am Gaumen wird die Frucht etwas dunkler, aber die Finesse bleibt, und gerade im Vergleich zu dem Ruf, den die Villages aus Nuits-Saint-Georges früher als eher rustikale Weine hatten, ist dieser „Vieilles Vignes“ geradezu nobel, mit klaren Tanninen und präziser Säure, die zusammen viel Struktur in den Wein bringen. Ein ebenso ernsthafter wie anmutiger Côtes de Nuits!
Ab sofort (unbedingt belüften), bevorzugt aber zwischen 2028 und 2035.
„Au Bas de Combe“ von knapp 90 Jahre alten Reben ist auch 2022 wieder ein besonders gelungenes Beispiel für die Qualität der Tardy’schen Weine.