Pierre Clavel
„Bonne Pioche“ Pic Saint Loup, rouge 2022

Ein echter Glücksfall: begnadete Finesse aus Frankreichs Süden!

Wer den Vergleich von Clavels Weinen mit denen Guigals der Côte Rôtie schon einmal gehört hat, wird beim „Bonne Pioche“ ein perfektes Beispiel dafür finden. Die kühle Finesse dieses Pic Saint Loup rouge 2022 erinnert stark an jene, wesentlich nördlicher erzeugten (und wesentlich kostspieligeren) Legenden. Die Nachbarschaft dieses Pic Saint Loup (ein „Hausberg“ von Montpellier), der in West-Ost-Richtung einen gewaltigen Kamm bildet und mit seinen 658 Metern Höhe weithin sichtbar ist, scheint Clavels Reben gut zu tun. Sie erhalten sommers etwas mehr kühle Winde und werden im Winter vor allem, was an nördlichen Einflüssen so daherkommen mag gut geschützt. Der Kalkboden (und hier können wir uns dem Namen dieses Roten ein wenig nähern: die pioche ist eine Spitzhacke, ohne der man diesem verflixt arbeitsintensiven Untergrund einfach nicht beikommt); dieser Boden bringt, sollte der Winzer genügend Sorgfalt walten lassen, wunderbare Frucht zustande. Clavels Rezepte sind unfehlbar simpel: die Handlese dieser von Syrah dominierten Cuvée ist selbstverständlich. Nach dem Entrappen (der Finesse soll aber auch gar nichts im Weg stehen) wird zuerst im Beton bei niederen Temperaturen vergoren und dann getrennt in gebrauchten Barriques und im Beton-Ei ausgebaut (für 14 Monate). Der Begriff „bonne pioche“, der im Allgemeinen „Glück gehabt!“ bedeuten soll (oder auch „gute Arbeit!“) richtet sich denn auch sofort an uns, die wir so eine Flasche vor uns stehen haben.

Im Glas herrscht erst einmal entspannte Ruhe. Der dunkle, granatrote Nektar kommt erst langsam in Fahrt: seine Frucht (Erdbeere, rote Kirsche, Pflaume, Cassis, Him- und Brombeere) und die Würznoten (Pfeffer, Espresso, Nelke, Erde, Leder, Rauch, Thymian, Kakao, Tabak) spielen Versteck und steigern unsere Neugier. Das Bouquet scheint im Gegenlicht präsentiert, eine fast blendende Frische macht uns blinzeln. Am Gaumen lässt sich Ähnliches erleben: Die Zunge umspielt Wärme und Süße, bis sich allmählich Säure zeigt und schließlich zu voller Pracht heranwächst. Auf samtenem Tannin dürfen unsere Papillen wahre Wunder erleben, wenn der Pic Saint Loup sich immer weiter hebt, seine Wärme und das Gewicht aufgibt, bei wachsender Intensität der Aromen immer leichter zu wirken scheint. Begnadete Finesse!

Ab sofort bis mindestens 2030+.