Deux Clés
„Réserve“ IGP Vallée du Paradis, rouge 2021

Biodynamisch-magisch: Lebendigkeit pur aus dem Vallée du Paradis

Biodynamik ohne Esoterik? So beschreiben Gaëlle und Florian das, was sie betreiben wollen selbst. Ihr Vallée du Paradis hatten sie nach Jahren der Suche schließlich gefunden und es war zum großen Teil mit Carignan bepflanzt. Entschlossen, die Methoden des Burgund hier im Corbières umzusetzen und trotzdem ortstypische Weine zu machen, stellten sie unter großen Anstrengungen das Gut auf Biodynamik um, konzentrierten sich auf die Pflege der Reben und reduzierten die Arbeit im Keller auf das notwendige Mindestmaß. Von den 70 bis 110 Jahre alten Reben wurden für Deux Clés’ roten 2021er-„Réserve“ (eine Cuvée von Carignan und Grenache Noir aus der IGP Vallée du Paradis) die Trauben von Hand gelesen und selektiert. Sie wurden vollständig entrappt und die Beeren mit Füssen gestampft und einer kurzen Kaltmazeration unterzogen, bevor die Maische dann im Beton-Tank bei schonender Bewegung spontan gären darf (Extraktion durch Runterdrücken und einmal am Tag fünfminütiges Überschwallen). Die Reife erfährt dieser Rote dann in besten Barriques aus dem Burgund (zu einem Viertel neues Holz), in denen er ein ganzes Jahr lang bleiben darf.

Nobel ruht diese „Réserve“im Glas und erst fast wahnhaftes Schwenken offenbart hinter dem kraftvollen Dunkelviolettrot einen Trauer-tragenden Rubin. Schließlich ist diese Bewegung und einiges an Zeit dann auch nötig, um diesen schlafenden Riesen zu wecken (Dekantieren erscheint durchaus sinnvoll). Mit Seelenruhe steigen dann Würze (schwarzer Pfeffer, Zimtrinde, Erde, Muskat, Leder, Nelke, Lakritz, Rosmarin, Lorbeer, Heu) und Frucht (Pflaume, schwarze Kirsche, ein Hauch Cassis) aus dem Glas, in Gleichmaß aber ohne Behäbigkeit – von etwas getragen, nicht von etwas gehalten. Mit ausreichend Zeit wird dieses Bouquet riesig und breit und weckt Erinnerungen an einen Festtagsbraten. Diese Erinnerungen verpuffen sofort, wenn der erste Schluck den Gaumen netzt. Alle Schwere und Breite verschwinden hinter einer prächtigen Frische und Lebhaftigkeit, die das Bouquet nicht hat vermuten lassen. Die Aromen und die Breite müssen quasi einen neuen Anlauf nehmen, um sich wieder kenntlich zu machen und die kraftvollen Tannine helfen dabei enorm. Lassen wir den Begriff „Esoterik“ fallen, ersetzen ihn frech durch Magie: Biodynamik ohne Magie? Nach dem ersten Schluck dieses Paradiesweines wollen wir das jedenfalls nicht mehr!

Potenzial bis über 2033 hinaus, was allerdings kein Grund ist, sich seinem verführerischen Charme zu entziehen. Dann aber unbedingt 1–2 Stunden vor Genuss karaffieren.