Berthoumieu
„Aulet“ Madiran, rouge 2020

Tannat bedeutet im „Sud-Ouest“ Intensität

Die Zukunft der Domaine Berthoumieu hat trägt zwei Namen: Bortolussi und Tannat. Die Winzertöchter („Château Viella“) Claire und Marion Bortolussi setzten 2017 die Tradition von sechs Generationen fort. Nach dem Tod von Didier Barré, der sich als Bannerträger eines neuen, zugänglicheren Madiran-Stils auch international etablierte, setzten die Schwestern sein Werk fort. Neben der Appellation Madiran ist man auch mit Weißweinen (Petit Manseng, Gros Manseng, Petit Courbu) in der Nachbarregion Pacherenc du Vic-Bilh aktiv. Doch die erste Geige am Weingut spielt eindeutig der Tannat. Dieser Fokus von Berthoumieu blieb erhalten, doch es gab auch Änderungen: Die Bio-Umstellung wurde mittlerweile abgeschlossen und als Partner holte man das Handelshaus Lionel Osmin für die Vermarktung der Weine ins Boot. Der Fokus der Bortolussis liegt in den 25 Hektar des Betriebs.

Als eine der ersten eigenen Abfüllungen erkoren sie den „Aulet“, dessen junge Anlage mit ihrer Qualität sofort ins Auge stach. Die schonende Extraktion ermöglichte es im Jahrgang 2020 das Gleichgewicht zwischen dem „Fett“ der Sorte und der Säure zu finden. Gereift wurde der „Aulet“ zwischen 14 und 16 Monaten in Barriques und großen Holzfässern. Diese Mischung und die als Standardverfahren betriebene Mikro-Oxidation trägt zu einem geschliffenen Madiran bei. Nota bene: Geschliffen, nicht langweilig! Denn wie Roger Voss im Wine Enthusiast so schön über den „Aulet“ schrieb: „Not a shy wine“! Schüchtern ist der mit 15,5 Vol.-% gefüllte Madiran wahrlich nicht.

Sofort strömt der dunkelfruchtige Mix aus Heidelbeeren und Pflaumen aus dem Glas. Nach einigen Minuten sind auch die eingelegten Johannisnüsse zu erschnuppern. So wie alle Madirans benötigt auch der „Aulet“ viel Luft; den Wein zu karaffieren ist vor allem in der Jugend praktisch Pflicht. Dann nämlich zeigt sich die von der dreifachen Kraft – Extraktsüße, Gerbstoff und Alkohol – gut versteckte Säurestruktur des Tannats. Sie trägt ebenso entscheidend zur „Altersvorsorge“ dieser leider immer noch unterschätzten Rebsorte bei. Doch zunächst rollt der „Aulet“ den Seiden-Kelim aus. Er ist aus dem Fruchtfleisch von Weichseln gefertigt. Ihre Metamorphose vom trockenen, fast herben Geschmack zum säurig-frischen Eindruck im Finale ist die eine Marschrichtung. In der anderen beginnt die Wahrnehmung des Tannins mit einem fein strukturierten Auftakt, aus dem sich eine Länge und Kraft entwickelt, die bemerkenswert ist. Denn bei all der Power der analytischen Werte ergibt sich somit ein überaus komplexes Geschmacksbild. Es hat schon seinen Grund, dass mit Tannat wie diesem einst blutarme Bordeaux-Jahrgänge aufgebessert wurden!

Ab sofort bis 2034.