Voller Raffinesse, quasi „auf Kante genäht“
Als „kleinen Bruder des Barolo“ haben wir hier den „Toretta“ von Marco Porello schon einmal bezeichnet. Und in der Tat zeigt schon die Farbe dieses Weines an, dass es sich entweder um Pinot Noir handeln muss – oder eben um Nebbiolo. Das helle Rubinrot ist unverkennbar und führt so oder so zu einer der besten Rotwein-Reben der Welt. In diesem Falle geht es aber um das Piemont und den persönlichen Twist, den der Winzer der Königin der regionalen Rebsorten angedeihen lässt. Denn viele finden über die Weißweine Marcos zu seinem Nebbiolo. Es ist ein durchaus folgerichtiger Weg, denn wie bei Arneis oder Favorita geht es auch bei diesem Wein um einen spielerisch leichten Stil, der mit der gerne beklagten lange Wartezeit auf „geschmeidige“ Nebbioli nichts gemein hat. Allerdings ist diese Stilvorgabe schneller ausgesprochen, als tatsächlich umgesetzt. Denn zum einen steht für Porello fest, dass er einen klar erkennbaren Sortenvertreter in die Flasche bringt (und da geht es um mehr als die Farbnuancen).
Doch es soll eben auch ein leichtfüßiger „vino da tavola“ im besten Wortsinne sein: Ein Rotwein, der gerne und oft geöffnet wird, wenn es unkompliziert und beschwingt wird im Freundeskreis. Dafür geht er auch einen nicht einfachen, aber umso zielführenderen Weg im Keller. Sauerstoff-Abschluss und gezielte Zufuhr von Luft sollen für den „Toretta“ eine köstliche Quadratur des Kreises beschreiben. Das florale Odeur der Sorte wird durch reduktive Phasen während der ersten Wochen maximal erhalten. Im weiteren Ausbau – der 15 Monate in 500 Liter-Holzfässern erfolgt – wird der Nebbiolo aber durch Mikrooxidation sanft geschliffen wie ein Bachkiesel.
Wer das für zuviel „Technik“ hält, dem sei eine erste Riechprobe dieses 2021ers empfohlen! Zwetschken, Sauerkirsche und angefeuchtetes Kaffeepulver sind da, vor allem aber der Pfingstrosen- und Hibiskusduft. Kühl und anfangs vor allem von der Säure getrieben, zeigt der „Toretta“ erst spät den Gerbstoff des Nebbiolo. Er fällt sanft und vor allem zum Weitertrinken animierend aus, wie man das von Assam-Tee kennt. Im Nachgang mengen sich in die Beeren-Töne dann auch schwarze Oliven und Lorbeer – aber sie sind keineswegs das definierende Element. Das stellen vielmehr die waldig-köstlichen Noten dar, die aus dem „Toretta“ eine geradezu klassische Begleitung für pappardelle al cinghiale machen. Auch wenn es nicht zwingend Wildschwein sein muss: Wo Fleisch lange geschmort wird, sollte Marco Porellos Nebbiolo nicht weit sein!
Ab sofort bis 2030.
Ein klarer Vertreter des Piemonts und kein entrückter Nebbiolo ist der „Torretta“ von Marco Porello. Er darf sinnenfreudig bereits jetzt geöffnet werden!