Barone Ricasoli
„Roncicone“ DOCG Chianti Classico Gran Selezione, rosso 2020

Auf dem Zenith kulinarischen Toskana-Glücks

95 Punkte – James Suckling
94 Punkte – Wine Spectator

Das Weingut Ricasoli blickt zurück auf eine jahrhundertelange Tradition im Weinbau zurück – urkundlich verbrieft wird hier seit 1141 Wein produziert. Und damit ist das Weingut das älteste nicht nur der Region sondern Italiens, gilt zudem als der Erfinder des klassischen Chianti-Weins. Seit nunmehr 30 Jahren ist Baron Franceso Ricasoli für Hege und Pflege dieses Vermächtnisses verantwortlich, was ihm nach wie vor in bewundernswerter Weise gelingt. Dabei vertraut er nicht nur allein auf den riesigen (und dokumentierten!) Erfahrungsschatz seiner Familie, sondern setzt auf moderne Wissenschaft und Bodenuntersuchungen. Im Rahmen dieser Forschungen hat der Baron drei Mikrolagen identifiziert, neben Roncione noch CeniPrimo und Colledilà, die seit 2015 als Einzellagen ausgebaut werden. Die Arbeit im Keller unterscheidet sich beim Ausbau dieser drei Terroir-Wein nicht voneinander – Ziel ist es jeder Lage ihren perfekten Ausdruck im Wein zu verleihen, ohne diesen besonderen Charakter mit Kellertechnik zu überlagern. Die rund 10 Hektar des Roncione befinden sich in den abfallenden Hanglagen im Zentrum des Weinguts. Hier besteht der Boden aus Meeresablagerungen, Kieselsteinen und Sandsteinsediment und einem deutlich größeren Anteil an organischer Substanz als etwa in der Lage CeniPrimo und ebenfalls wasserspeicherndem Ton in den tieferen Schichten. Das Weinjahr war (nach einem kalten und verregneten Herbst) von Trockenheit geprägt. Nicht nur im Winter und Frühling, sondern vor allem im Sommer bei Niederschlägen von insgesamt nur etwa 30 Millimetern. Am 8. September wurde gelesen, die Trauben wurden analog zu denen des Cru-Kollegen „CeniPrimo“ vinifiziert: Gärung der entrappten Trauben mittels ausgewählter in konischen 100-Hektoliter-Edelstahltanks, 14- bis 16-tägige Mazeration nebst täglichem Untertauchen des Tresterhuts, Ausbau dann für 22 Monate in 500-Liter-tonneaux (30 % Neuholz).

Ins Glas schmiegt sich der Wein in einem leuchtenden Rubinrot, und schon beim Einschenken bricht sich ein überaus animierendes Bouquet mit dunklen Früchten, Zwetschgenröster und Waldboden, Nelken und Zimt seine Bahn. Eine feine faszinierende Würze weht aus dem Glas mit einem Hauch von Tabak und frisch gerösteten Robustabohnen. Am Gaumen überrascht die unfassbar milde und anschmiegsame Säure und lässt ganz vergessen, dass wir es hier ja eigentlich mit einem Chianti zu tun haben. Da ist – wie es sich für einen Chianti ja auch gehört – ganz deutlich zwar Kirsche zu schmecken, aber eben keine frische Sauerkirsche, sondern reife dunkle Süßkirschen mit einem eleganten Touch von Amarena. Dazu Aromen von Erdbeerkuchen und Waldbeeren. Die feine Würze aus der Nase erreicht auch die Geschmackspapillen, geht in Richtung Garam Masala und wird auch von einem zart-duftigen Veilchen-Aroma umweht. Die frische Mineralität bringt eine ganz zarte Salzigkeit mit frischen, kalkigen Noten, was dem Wein eine ungemein „trinkige“ Frische verleiht. Das lässt sich ganz kontemplativ und in kleinen Schlucken genießen und durchdenken – genauso aber mit großen Schlucken und nicht minder großem Genuss wegzechen. Trotz seiner Jugend braucht der „Roncicone“ so gut wie keine Zeit und nur wenig Luft, um voll auf Touren zu kommen. Er duftet und schmeckt schon gleich nach dem Entkorken wie frisch dekantiert. Und trotzdem wachen beim langsamen (wenn das gelingen sollte) Leeren der Flasche immer weitere Aromen auf und gesellen sich zu diesem sensationell balancierten Aromenkaleidoskop. Das ist komplex, vielschichtig, aufregend und trotzdem wunderbar schlüssig und einfach zu trinken. Natürlich kann man diesen Wein zum Essen kombinieren – ideal zu kräftiger Küche mit klaren Aromen – eine bistecca fiorentina geht immer! Dazu noch gutes Brot, gute Freunde und idealerweise die beiden anderen Weine der Cru-Serie und wir haben den Zenith kulinarischen Toskana-Glücks erreicht!

Schon jetzt eine große Freude, ja eine Offenbarung im Glas – und dennoch sind wir sicher, dass er mindestens über die nächsten 3 bis 5 Jahre noch ordentlich zulegen kann und dann bis 2040+ auf hohem Niveau Freude bereiten wird.