Puristischer und edler Lagen-Nobile mit druckvollem Terroir-Ausdruck – ein fantastisches Genusserlebnis!
95 Punkte – James Suckling
Stellt der „Il Nocio“ die absolute Spitze des beglückenden Vino-Nobile-Kosmos des Topbetriebs Boscarelli dar, so gibt der „Costa Grande“ so etwas wie den noch nicht ganz so bekannten Nachbarn des Spitzengewächses – „kleiner Bruder“ klingt für einen Wein dieser Qualität und Einmaligkeit einfach zu despektierlich. In der Tat liegt die etwa 1,5 Hektar große Lage direkt neben der legendären Vigna del Nocio. Allerdings ist in der Nordostlage Costa Grande der Lehmanteil im Boden etwas höher, was insgesamt für etwas mehr Wucht sorgt. Zudem ist die Lage einen Hauch wärmer, was zu einer etwas üppigeren Gerbstoff-Ausbeute sowie zu einer einen Hauch niedrigeren Säure beiträgt. Gleichzeitig ist die Farbe etwas tiefer, die Ausprägung der Aromen verbleibt auf spektakulär hohem Niveau. Das sind zwar alles nur vermeintlich kleine Unterschiede, die in der Summe aber dazu führen, dass der „Costa Grande“ einen ganz eigenen Charakter hat, der daran ausgerichtet ist, „Sangiovese in seiner puren Form“ zu zeigen, wie es die beiden famosen Winzer Luca und Nicolò De Ferrari beschreiben. Um das zu erreichen, haben die Brüder die Rebstöcke, die teilweise aus einer sélection massale aus der Lage „Il Nocio“ stammen, in der Lage bewusst sehr dicht gepflanzt – etwa 7.000 Stöcke pro Hektar. Das heißt: Die Pflanzen wurzeln besonders tief und der Ertrag pro Stock ist besonders gering – und besonders konzentriert. Wie bei Boscarelli üblich, werden die Trauben von Hand gelesen. Nach dem Entrappen und der sanften Pressung gären sie in offenen Holzständern aus Eichenholz bei einer kontrollierten Temperatur zwischen 28 und 30 Grad Celsius. Im ersten Jahr reift der „Costa Grande“ in sogenannten tonneaux, das sind 500 Liter fassende Eichenholzfässer, im zweiten Jahr folgt ein Umzug in Betonfässer. Der Wein duftet ungemein klar und intensiv nach roten Früchten, polierte Sauerkirsche, Schlehe, dazu ganz reife Johannisbeere, frische Brombeere, wunderbar dicht, frisch und animierend. Mit Belüftung kommt delikate Mineralität dazu, ganz tief. Das ist ein beeindruckendes Bukett. Und auch am Gaumen bleibt der Fuß auf dem Gaspedal. Die Gerbstoffe sind maximal dicht und geschliffen, der „Costa Grande“ entfaltet enormen Druck, die Säure ist herrlich belebend, da ist ganz viel Zug, aber ohne jede Schwere. Rote Aromen rollen an, dahinter wieder die fast schon salzige Mineralität. Das ist wirklich sehr groß und sehr lang. Das ist ein genialer Wein. Der ist zwar nicht ganz billig, angesichts seiner Qualität aber dennoch ein Schnäppchen!
Ab sofort (etwas Zeit und Luft via Karaffe benötigt der Wein schon), idealerweise ab 2025–2040+.
Boscarellis Vino Nobile di Montepulciano „Costa Grande“ von 2019 ist ein beeindruckender Lagen-Nobile, ein Solitär.