Da schau her: Darscho, oder der Zauber der Mikrooxidation
Heinz Velichs „Tiglat“ ist sein großer Chardonnay mit Geschichte und viel Renommee. Doch es ist nicht sein einziger Chardonnay. Der zweite heißt „Darscho“. Der Name entstammt dem ungarischen Dialekt, wie er am Neusieder See, dem abgrenzenden oder verbindenden See zwischen Österreich und Ungarn, gesprochen wird. Der Name bezieht sich auf eine der rund 40 am See liegenden Salzlacken, Mulden aus der Eiszeit, die mit Wasser und verschiedenen Salzen gefüllt sind und typisch sind für den Seewinkel. Der Chardonnay, der beim „Darscho“ aus verschiedenen Parzellen stammt, ist nicht ganz so alt wie der 1959 gepflanzte für den „Tiglat“, aber 20 bis 40 Jahre sind es schon. Die Trauben werden etwas früher gelesen als für den „Tiglat“. Sie bekommen ebenfalls eine verlängerte Maischestandzeit, werden als Ganztrauben gepresst und spontan vergoren. Die Vergärung wie der Ausbau finden im Holz auf der Vollhefe statt und dauern gute zwei Jahre. Der „Darscho“ ist immer ein wenig früher trinkreif als der „Tiglat“. Er ist der Ortswein neben dem Lagenwein. Aber was für einen Charakter besitzt dieser Chardonnay!
Das beginnt mit dem Duft, der zwischen leicht reduktiven Noten von Feuerstein, Rauch, Nüssen, Holz und leicht oxidativen Noten von Apfelmost pendelt, dann aber schnell vor allem von Wiesenkräutern, Ginster und Heu geprägt wird, von heller Frucht wie Limetten und Ananas sowie saftigen Pfirsichen, etwas Melone und Mango. All das wirkt elegant verwoben, nicht plakativ, sondern fein und entspannt. Spannend dagegen wird es dann am Gaumen, wo der „Darscho“ schnell Fahrt aufnimmt mit einer eleganten Säure und vor allem einer lebendigen Mineralität, die bei den sandigen Böden immer wieder überrascht, Velichs Weinen aber immer innewohnt. Was am Gaumen, wo die Frucht auch hier zwischen frischen hellen und eher gelben saftigen Noten pendelt, besonders auffällt, ist der so präzise wie gelungene dezente, aber prägende Holzeinsatz, den Velich perfekt beherrscht. Seidig wirkt der Wein am Gaumen mit einem feinen Druck, einem angenehmen Extrakt und einer Note von Salzzitronen im Finale, die einen sofort wieder zum Glas greifen lässt. Das gehört ganz klar in die Kategorie „Lieblingswein“ und „Coup de Cœur“. So wie der „Tiglat“ immer wieder Puligny-Montrachets mit verglichen wird, könnte man dann den „Darscho“ ohne weiteres neben die wirklich guten, selbstredend recht hochpreisigen Meursaults stellen. Könnte man. Wir verkneifen uns das und lassen ihn einen echten, unverwechselbar großartigen Seewinkler sein!
Schon jetzt ein Genuss (mit etwas Luft noch schöner), Potenzial bis 2040.
Der „Darscho“ ist Heinz Velichs zweiter herausragender Chardonnay vom Neusiedlersee und einer unserer absoluten Lieblingsweißweine aus Österreich