AT-BIO-402
Leichtigkeit mit verborgenen Tiefen
Mit zarten 18 Jahren war Franz Reinhard Weninger bereits Besitzer der Rebanlagen auf der ungarischen Seite des Neusiedler Sees. Rechtlich mussten es Anno 2000 zwei Unternehmensgründer sein, doch die Mutter stand den ungarischen „Abenteuern“ ihres Mannes Franz Ludwig immer skeptisch gegenüber. Und winkte ab. So kam es, dass Sohn Franz die Rieden um Sopron seit Jahrzehnten bestens kennt. Auch wenn der Wechsel der Linie hin zu fokussiertem Minimalismus im Keller und biodynamischen Prinzipien beinahe das Aus für diesen Teil des Weinguts bedeutet hätte. Heute ist sich der Winzer sicher: „Weninger wäre ohne dieses Engagement in Ungarn sicher nicht das, was wir heute sind. Auch wenn wir manchmal kurz vor dem Aufgeben waren – diese Zeit hat uns geformt und unseren Blick auf andere Dinge gelenkt“. Das betrifft auch den Umgang mit dem Blaufränkisch, der in Balf eben „Kékfrankos“ heißt. Und doch ganz anders wird als auf den Lehmböden des Mittelburgenlands.
Der Duft des Kékfrankos’ von 2020: eine Studie in Kirschrot. Was anfangs an dunkle Amarena-Kirschen – mit zart „waldigem“ Anklang – erinnert, dreht mit etwas Luft im Glas in Richtung einer lupenreinen Weichsel-Aromatik. Dafür ist die Rebsorte bekannt, doch der Boden Balfs addiert auch eine andere Note: Wer jemals einen Bleistiftspitzer mit dem Finger ausgeputzt hat, wird die Mischung aus Graphit und etwas Holz erkennen. 15 Monate im großen Holzfass hinterlassen ebenso ihre Spuren wie der Schiefer-durchsetzte Grund, auf dem die Rebstöcke Weningers wachsen.
Am Gaumen dreht sich dieses Spiel um. Da legen die dunklen Noten des Terroirs vor, auch der Eindruck von Waldboden ist wieder da. Diesmal liefert der Rotwein eine Sammlung von Wacholder, reifer Heidelbeere und ein wenig Tannenrinde. Erst danach wird es etwas cremiger und beinah balsamisch, wenngleich die Frucht-Seite ohne jede Süße auskommt. Im internationalen Sprachgebrauch wäre das ein „vertical wine“ – alles richtet sich auf Tiefgang aus. Auch die leichte Umami-Note, die an Tomatenschalen erinnert. Trotz dieses Nachdrucks lässt sich die inhärente Säure des Blaufränkisch nicht ganz verbergen. Sie wirkt wie ein keckes Wegreissen des dunklen Samtvorhangs am Ende der Geschmacksvorstellung. Vor allem aber ist sie auch der Garant für ein langes Leben dieses Rotweins. In vier, fünf Jahren sollte man sich den Kékfrankos im Kellerbuch vormerken, sobald die Steinpilzsaison beginnt oder Wildbret aufgetischt wird.
Ab sofort bis 2028.
Ein überraschend leichter und doch tiefgründiger Rotwein ist Franz R. Weninger mit seinem 2020er-Kékfrankos gelungen. Puristisch und durchaus langlebig!